Ausstellung zum Thema in Berlin

  • Hallo!
    Das klingt sehr interessant. Die Ausstellung ist doch vom Deutschen Historischen Instituts in Warschau , oder?
    Kannst du etwas mehr berichten?

    Glück Auf!
    "Basil"

    "Ich bin ein Egoist und kümmere mich nicht um andere?. Sogar behinderte Delphine kommen zu mir, um mit mir zu schwimmen" (Stromberg)

  • Naja, die Ausstellung ist gegliedert in verschiedene Themen- Geiseln, Kriegsgefangene, Juden, der Überfall und Bilanz usw. Alles belegt mit Fotos und Zeitzeugenberichten, z.T. offenbar Aussagen vor Gerichten in jüngerer Zeit. Dazu Fotokopien von Befehlen der Heerführer uä.
    Ist schwer zu beschreiben. Und eigentlich schwere Kost, weil die Wehrmacht als Armee nicht gut wegkommt. Aber auch zu der Zeit unterstellte Einheiten z.B. der SS werden klar beim Namen genannt.
    Mit Gruß
    Nic

  • Hallo zusammen,

    die angesprochene Ausstellung läuft bereits seit längerem, es gibt eine deutsche und eine polnische Version. Beide Versionen stützen sich fast ausschließlich auf die Forschungen von Jochen Böhler, zuletzt "Fachberater" der NDR-Fernsehdokus zum Kriegsbeginn 1939 (Stichwort: "Der Überfall"). Kein Wunder, daß "die Wehrmacht als Armee nicht gut wegkommt."

    Böhler ist Mitarbeiter beim Deutschen Historischen Institut in Warschau. Er ist mir schon öfter durch seine tendenziöse da äußerst einseitige Arbeitsweise aufgefallen. Immerhin ist es schon bemerkenswert, daß sich damals nach der Ausstellungseröffnung sogar Böhlers Chef, Professor Ziemer, der Direktor des Instituts in Warschau, von der Kernthese der Ausstellung, wonach die Wehrmacht in Polen einen "rassenideologischen Vernichtungskrieg" geführt habe, distanziert hatte.

    Als Grundlage der Ausstellung dient Böhlers gleichnamiges Buch "Auftakt zum Vernichtungskrieg. Die Wehrmacht in Polen 1939", das auch hier im Forum bereits erwähnt wurde. Wie zweifelhaft Böhlers Schlußfolgerungen sind, hat der Historiker Christian Hartmann in einer Rezension für die FAZ erläutert: Allzu flinke Formel. Verbrechen von Wehrmachtsangehörigen während des Polenfeldzugs 1939.

    Hier ein Auszug aus der aufschlußreichen Rezension, die hier nachgelesen werden kann:

    http://www.faz.net/s/RubA330E54C3…n~Scontent.html:

    Quote

    Jochen Böhler vertritt nun die These, der rassenideologische Vernichtungskrieg der Wehrmacht habe nicht erst 1941 begonnen, sondern bereits zwei Jahre früher in Polen. Keine Frage: Schon ihren ersten Feldzug im September 1939 konnten die deutschen Soldaten hart, mitunter auch brutal führen. Damit trafen sie nicht nur den militärischen Gegner; noch während des Feldzugs erschossen Wehrmachtseinheiten mehrere tausend Zivilisten und brannten einige hundert Dörfer nieder. Auch Juden und Kriegsgefangene zählten bereits zu ihren Opfern. An der Substanz der von Böhler präsentierten Fälle besteht kein Zweifel, an seiner These eines "Vernichtungskriegs", den speziell die Wehrmacht geführt haben soll, indes schon. Hierzu drei Überlegungen: (1) Die meisten deutschen "Repressalien" waren eine Reaktion auf angebliche polnische Freischärler. Böhlers Beobachtung, die Deutschen hätten häufig überreagiert und seien überhaupt sehr nervös aufgetreten, ist zweifellos richtig. Aber muss dies im Umkehrschluss heißen, dass es von polnischer Seite keine irregulären Aktionen gab? Sieht man einmal davon ab, dass diese Form der Kriegführung in Polen eine lange Tradition hat und dass während des Zweiten Weltkriegs nur wenige Untergrundbewegungen so mächtig wurden wie die "Armia Krajowa", dann sollte in diesem Zusammenhang nicht vergessen werden, dass im September 1939 zirka 2000 "Volksdeutsche" von ihren polnischen Mitbürgern ermordet wurden - eine (niedrige) Schätzung, die Böhler im übrigen nur in einer Fußnote erwähnt. Warum es in dieser aufgeladenen Atmosphäre nicht auch zu Angriffen auf deutsches Militär gekommen sein soll, bleibt unerfindlich.

    Und zum Stellenwert der dokumentierten Verbrechen und Repressalien:

    Quote

    (2) Unklar bleibt auch der Stellenwert der deutschen Verbrechen. Dass es Einheiten der Wehrmacht gab, die zum Rechtsbruch neigten, steht außer Frage. Wie weit aber prägte das den Alltag dieser Millionenarmee? Während Erschießungen von Zivilisten relativ oft vorkamen, scheint es sich bei den Morden an Kriegsgefangenen oder Juden um Einzelfälle gehandelt zu haben, letztere konnten auch die deutschen Kriegsgerichte beschäftigen, was Hitler dann nach Ende des Feldzugs unterband. Spätestens hier wird ein entscheidender Unterschied zwischen dem Krieg in Polen und dem in der Sowjetunion sichtbar. Eine lang angelegte, systematische Strategie der Vernichtung, die mit der im "Unternehmen Barbarossa" vergleichbar wäre, gab es beim Feldzug in Polen nicht. Es war daher kein Wunder, wenn der Oberbefehlshaber des Heeres bei seinen Frontfahrten "vielfach ein zu freundschaftliches Verhältnis zwischen Soldaten und Zivilisten einschließlich Juden" beobachtete. Oder wenn sich Hitler damals über seine Offiziere ereiferte, die "in politischen Dingen bisweilen wie die Kinder seien". Von solchen Stimmen will Böhler aber nichts wissen.

    Dazu passend noch eine Schilderung von Major Gerhard Engel, der als Heeresadjutant zu Hitler abkommandiert war. Bereits im Februar 1940 hatte der für die NS-Verbrechen in Polen zuständige Reichsminister Hans Frank bei Hitler „um weitestgehende Ausschaltung der Militärs“ nachgesucht, da diese eine „ausgesprochen parteifeindliche Einstellung [gegen die NSDAP] hätten“. „Kommandeure [der Wehrmacht] seien instinktlos, hinderten ihn und seine Stellen häufig an der Durchführung der übertragenen Aufgaben“.
    Hitler bekam daraufhin einen weiteren, diesmal langanhaltenden Wutanfall, nachdem er sich bereits vorher häufig über die Strafverfolgung von NS-Tätern aus SS und Heer durch Wehrmachtsgerichte geärgert hatte.
    (Heeresadjutant bei Hitler 1938-1943. Aufzeichnungen des Majors Engel, herausgegeben und kommentiert von Hildegard von Kotze, Stuttgart 1974, S. 75.)

    Christian Hartmann kommt jedenfalls zu dem Schluß:

    Quote

    (3) Doch war die Reaktion der Wehrmachts- und Truppenführung auf die Untaten der Truppe keinesfalls so eindeutig, wie der Autor suggeriert - im Gegenteil. Charakteristisch für die Situation der Wehrmacht, gerade auch im ersten Kriegsjahr, war vielmehr der Umstand, dass sie sich in einem Transformationsprozess befand, der noch längst nicht abgeschlossen war. So erklärt sich, warum einige Offiziere zum Teil sehr energisch der "Verwilderung" ihrer Soldaten entgegenzusteuern suchten. Hätte sich Böhler etwa die Mühe gemacht, die reich überlieferten Akten der deutschen Kriegsgerichte heranzuziehen, die bislang in Kornelimünster archiviert waren, dann hätte er von genau dieser Bruchlinie zwischen militärischer Tradition und nationalsozialistischer Revolution ein differenzierteres Bild zeichnen können. Bei Böhlers Arbeit handelt es sich um die erste deutsche Zusammenfassung der Wehrmachtsverbrechen während des Polenfeldzugs. Diese Leistung bleibt festzuhalten. Die Chance einer überzeugenden und differenzierten Darstellung, auch mit Blick auf die Interaktion beider Parteien, verspielt der Autor aber zugunsten seiner "flinken Formel" vom "Vernichtungskrieg".

    Böhler hat sich also keine Mühe gemacht, das ganze Bild des Krieges in Polen zu zeigen. Er arbeitet einseitig und argumentiert tendenziös. Umso erstaunlicher, daß die deutsche Bundeszentrale für politische Bildung das Buch und die Ausstellung mit hohen Summen von Steuergeldern subventioniert. Doch vermutlich geht es auch weniger um die historische Wahrheit, sondern wieder mal um eine zielgerichtete Propaganda zur erwünschten "Volkspädagogik".

    Beste Grüße, Bodo

    „Was wir im deutschen Widerstand während des Krieges nicht wirklich begreifen wollten, haben wir nachträglich vollends gelernt: Daß der Krieg schließlich nicht gegen Hitler, sondern gegen Deutschland geführt wurde.“ (Eugen Gerstenmaier)

    Edited once, last by Bodo Franks (September 25, 2009 at 11:31 PM).

  • Quote

    Original von Bodo Franks


    Böhler ist Mitarbeiter beim Deutschen Historischen Institut in Warschau. Er ist mir schon öfter durch seine tendenziöse da äußerst einseitige Arbeitsweise aufgefallen.

    Böhler hat sich also keine Mühe gemacht, das ganze Bild des Krieges in Polen zu zeigen. Er arbeitet einseitig und argumentiert tendenziös. Umso erstaunlicher, daß die deutsche Bundeszentrale für politische Bildung das Buch und die Ausstellung mit hohen Summen von Steuergeldern subventioniert. Doch vermutlich geht es auch weniger um die historische Wahrheit, sondern um eine zielgerichtete Propaganda zur "Volkspädagogik".

    Beste Grüße, Bodo

    Hallo!
    Habe gerade nur querlesen können. Aber wenn du jemand eine tendenziöse Darstellung vorwirfst, warum argumentierst du dann genauso? (Vor allen Dingen dein letzter Satz) Ich finde das ewige "weniger um die Wahrheit als zielgerichtete Propaganda zur "Volkspäd."" zum kotzen!
    Du hast dir deine Meinung schon gebildet, ich noch nicht. Mal gucken was andere User davon halten...

    Hier eine weitere Rez. zu dem Buch:
    http://www.sehepunkte.de/2006/10/pdf/8940.pdf

    Glück Auf!
    "Basil"

    "Ich bin ein Egoist und kümmere mich nicht um andere?. Sogar behinderte Delphine kommen zu mir, um mit mir zu schwimmen" (Stromberg)

    Edited once, last by basil (September 25, 2009 at 8:23 AM).

  • Hallo,

    ich habe doch nur die Auffassung vertreten, daß in solchen Ausstellungen und den Begleitbüchern das vollständige Bild der Wehrmacht gezeigt werden sollte. Nicht nur Verfehlungen und Verbrechen, die zu Recht angeprangert werden müssen, sondern z.B. auch der Widerstand der Heerestruppen gegen den NS-Terror und die Massenmorde der SS in Polen sollten darin berücksichtigt werden.
    Wer das bewußt ausklammert und den Lesern/Besuchern verschweigt, arbeitet in meinen Augen tendenziös.
    Und außerdem ging es mir bei der Frage nach den pädagogischen Zielen nur um die Motive der staatlichen Stellen, die dafür erhebliche Steuermittel ausgeben, nicht um die Motive des Autors.

    Wie das Verhalten der Wehrmacht im besetzten Polen wirklich war, kann man bei dem renommierten Historiker Helmut Krausnick nachlesen, der dazu in seinem Standardwerk über die SS-Einsatzgruppen zusammenfassend festgestellt hat:

    Quote

    „Diese und ähnliche Fälle machten in Hitlers Augen deutlich, daß auf Grund der Gesamthaltung (!) von Offizierkorps und Truppe mit dem Heer als Inhaber der vollziehenden Gewalt die Durchführung der von ihm beabsichtigten [Rassen- und Volkstums-] Politik im besetzten Polen nicht gewährleistet war.“
    (Helmut Krausnick, Hitlers Einsatzgruppen. Die Truppen des Weltanschauungskrieges 1938-1942, Frankfurt am Main (Fischer) 1985, S. 68.)

    Aus diesem Grund entzog Hitler dem Heer kurz darauf die Verwaltungshoheit über die eroberten und besetzten polnischen Gebiete. In der Folgezeit war auch der Vatikan in großer Sorge um die mehrheitlich katholische polnische Bevölkerung. Gegenüber dem Deutschen Auswärtigen Amt beklagte der Nuntius als Vertreter des Papstes in Deutschland, wie sehr die polnische Bevölkerung nach Ablösung der Wehrmachtsverwaltung unter der Willkür- und Terrorherrschaft der NSDAP geführten Zivilverwaltung leiden mußte:
    „Solange die betreffenden Gegenden unter militärischem Befehle gestanden hätten, sei alles gut gegangen. ... Neuerdings vollzögen sich dort jedoch Dinge, die Deutschland in seinem eigenen Interesse nicht zulassen dürfe.“
    Zitiert nach Horst Rohde, Deutsche Kriegsverbrechen in Polen 1939, in: Franz W. Seidler, Alfred M. de Zayas (Hrsg.): Kriegsverbrechen in Europa und im Nahen Osten im 20. Jahrhundert, Hamburg, Berlin, Bonn 2002, S. 143-145, hier S. 144.
    Daß sich der Nazi-Terror erst richtig entfalten konnte, nachdem Hitler die Ablösung der Militärverwaltung angeordnet hatte, wird auch von Helmut Krausnick betont (Hitlers Einsatzgruppen, S. 72).

    Die von dir gelinkte Rezension ist interessant und aufschlußreich. Sie hat mich in meiner kritischen Haltung aber eher bestärkt. Der Rezensent Peter Lieb ist zumindest ein ernstzunehmender, da um Ausgewogenheit bemühter Historiker. Das zeigen seine bisher erschienenen Arbeiten. Ich war ein wenig erschüttert, daß in den aktuellen ARD-Fernsehdokus zum Jahrestag des deutschen Angriffs auf Polen neben vielen korrekten Darstellungen auch Böhlers Forschungen breiten Raum einnahmen.

    Ich habe daher die wichtigsten Kritikpunkte von Peter Lieb noch einmal zusammengefaßt, da die Ergebnisse von Böhlers Forschungen auch in der Ausstellung "Größte Härte..." präsentiert werden:

    Dazu nochmals der Link: http://www.sehepunkte.de/2006/10/pdf/8940.pdf

    Bleibt zum Schluß noch die Frage nach den staatlich subventionierten pädagogischen Zielsetzungen (Bücher, die zum Selbstkostenpreis verkauft werden, sollen ja meist den Kauf durch Schüler und Studenten fördern). Auch Peter Lieb fragt sich, warum der deutsche Staat die Verbreitung dieser problematischen Studie finanziert:

    Quote

    „Allerdings ist es Böhler nicht gelungen, den Nachweis zu erbringen, die Wehrmacht habe schon 1939 in Polen einen Vernichtungskrieg geführt. Man fragt sich schon, warum diese Studie mittlerweile selbst von der Bundeszentrale für Politische Bildung gedruckt wurde. Eine flotte These scheint heute wichtiger als eine profund recherchierte und ausgewogene Arbeit.“

    Eine mögliche Erklärung könnte die Ausrichtung einer weiteren Ausstellung im Deutschen Historischen Museum in Berlin geben („Deutsche und Polen“), die ebenfalls staatlich gefördert wird. Im Gespräch mit einem Redakteur des Nachrichtenmagazins FOCUS äußerte sich kürzlich der israelische Militärhistoriker Martin van Creveld zu der Ausstellung wie folgt:

    Der Link dazu unter:
    http://www.focus.de/politik/deutsc…aid_430801.html

    Als interessierter deutscher Staatsbürger erhält man dort also nur teilweise erhellende Einsichten zur deutsch-polnischen Geschichte. Das finde ich sehr bedauerlich.

    Gruß, Bodo

    „Was wir im deutschen Widerstand während des Krieges nicht wirklich begreifen wollten, haben wir nachträglich vollends gelernt: Daß der Krieg schließlich nicht gegen Hitler, sondern gegen Deutschland geführt wurde.“ (Eugen Gerstenmaier)

    Edited once, last by Bodo Franks (September 28, 2009 at 11:41 PM).

  • Quote

    Original von Bodo Franks
    Hallo,
    ich habe doch nur die Auffassung vertreten, daß in solchen Ausstellungen und den Begleitbüchern das vollständige Bild der Wehrmacht gezeigt werden sollte.

    Der Wunsch ist verständlich, bei Ausstellungen aber nicht zu realisieren.
    Bei Böhler steht der Angriffskrieg mit einigen zehntausend Opfern abseits von Kampfhandlungen im Vordergrund. Das es ein Vernichtungskrieg gegen die polnische Führungsschicht (und jüdische Bevölkerungsteile) werden würde, hat bereits Broszat Jahrzehnte zuvor herausgearbeitet.

    Quote

    Original von Bodo Franks
    Nicht nur Verfehlungen und Verbrechen, die zu Recht angeprangert werden müssen, sondern z.B. auch der Widerstand der Heerestruppen gegen den NS-Terror und die Massenmorde der SS in Polen sollten darin berücksichtigt werden.


    Das ist richtig, wird aber selbst bei Böhler und von den früheren Autoren benannt. Genauso richtig ist, dass es sich um einen Teil handelte (wahrscheinlich den überwiegenden). Das reichte vom Widerstand bis zur (schwächeren) Empörung.

    Quote

    Original von Bodo Franks
    Wie das Verhalten der Wehrmacht im besetzten Polen wirklich war, kann man bei dem renommierten Historiker Helmut Krausnick nachlesen, der dazu in seinem Standardwerk über die SS-Einsatzgruppen zusammenfassend festgestellt hat:


    Krausnick hat mW nur die Einsatzgruppen betr. Polen untersucht.
    Richtig ist an dem Zitat lediglich, dass daraus hervorgeht, dass aus Sicht Hitlers der Einsatz der Wehrmacht im Vernichtungskrieg unzureichend bzw. unzuverlässig war.

    Das ist kein Argument der Entlastung.


    Quote

    Original von Bodo Franks
    Aus diesem Grund entzog Hitler dem Heer kurz darauf die Verwaltungshoheit über die eroberten und besetzten polnischen Gebiete.


    Daraus ergeben sich zwei wichtige Fragen. Wieso sollte dieser Entzug nicht bereits zuvor beabsichtigt gewesen sein bzw. nur durch die Unzuverlässigkeit der Wehrmacht in Hitlers Sicht bestärkt worden sein? Ist der Entzug im wesentlichen auf die Person Blaskowitz und seinen Stab zurückzuführen? Teile der "wissenden" Wehrmacht, wie Halder, nahmen das genauso achselzuckend hin.

    Dann noch einige Bemerkungen zu den links.

    Rezensionen sind schön und gut, aber eben nur Meinungen. Etwas anderes ist eine Gegenmeinung, die auf Recherche zum Themengebiet gehört. Ob hier Lieb oder Böhler richtig liegt, wird wohl erst die Beschäftigung weiterer Autoren mit dem Thema Polenfeldzug erweisen, die ihre Forschungen konträr stellen können (wenn das denn das Ergebnis sein sollte). Auch nach meiner Ansicht sind einige Thesen Böhlers gewagt, erscheinen brüchig oder weisen Ungenauigkeiten auf.

    Eine persönliche Ansicht: Liebs Ansichten würde ich stark einschätzen, insbesondere aufgrund seiner Arbeiten auf einem ähnlichen Gebiet (Frankreich 1943/44). Creveld äußert sich zu allem und jedem, ohne wirklich im Stoff zu stehen. Mit Detailforschung zu Ereignissen in diesem Themengebiet ist er bislang nicht hervorgetreten. Die Vergleichsdiskussion ist mE richtig wie auch zugleich unergiebig, weil als Erklärungsansatz für die zivilen Opfer durch Wehrmacht etc. untauglich. Ohne seinen Thesen zu folgen, wird aber zunächst einmal der Fokus auf die zivilen Opfer des Feldzuges gelenkt, wobei die Luftwaffe noch aussteht. Dabei wird sicher auch noch Warschau einmal genauer untersucht werden, als einem zentralen Ereignis.

    Was durch Böhler nahegebracht wird, ist eher ein anderer Vergleich: der Franktireur-Krieg der Wehrmacht bzw. die hervorgerufenen Phobien der Truppe in Polen (dazu zB Böhlers Hinweis auf das OKH-Informationsheft sowie die mobilisierte, noch unerfahrene Wehrmacht anhand vieler Einzelbeispiele) und die Ereignisse 1914 (ist aber ein anderes Thema).


    Grüße
    cpa95