Lebenslauf meines Großvaters

  • Hallo Forumsgemeinde,
    Wie einigen sicher nicht entgangen ist forsche ich gerade im Leben meines Großvaters herum. Dabei stehe ich momentan ein wenig auf dem Schlauch und hoffe, von Euch einige Tipps zu bekommen, wie ich evtl. weiterkomme.
    Zum einen geht es um die Zeit 1938- 1945.
    Es gibt Briefe an ihn, an einen Uffz. der Reserve OTTO MÜLLER ( 09.09.1939) und einen Uffz. O.M. ( 29.09.1939) zum Flugplatz Nohra bei Weimar, Schülerkompanie. Zu der Zeit war er 45 Jahre alt.
    Er war auch nicht Pilot o.ä., er war Bauingenieur.
    Wie könnte ich erfahren, was er dort gemacht hat?
    Der Verein „ Flugplatz Nohra“ hat leider keine Unterlagen und auf Auskunft der Deutschen Dienststelle warte ich noch.
    Danach war einige Zeit nichts mehr, nur noch eine Bemerkung, dass es schade wäre, dass er in Richtung Osten müsste.
    Im Oktober 1942 gibt es einen Brief noch Königsberg, dass er gut angekommen wäre und im November desselben Jahres bedankt er sich für ein Paket.
    Erst ab April 1943 gibt es wieder Post an ihn, der übliche Familienkram. Aber immer an Herrn Ing. und eine zivile Adresse ( keine Feldpost o.ä.). Der Briefwechsel endet im Oktober 1943.
    Damit endet zumindest auf dem Papier diese Zeit.
    Wie könnte ich erfahren, was er in Königsberg gemacht hat ( evtl. RAD) und was danach ?
    Der zweite Teil betrifft seine Gefangenschaft, aus der er eine Art Tagebuch hinterlassen hat.
    Zunächst gibt es Aufzeichnungen aus Attichy ( Frankreich), wo er bis zum 22.01.1946 in amerikanischer Gefangenschaft war. Von dort gibt es eine Urkunde für den Oblt. O.M.. Dann „ entlassen in Zone A Ev 263 (?)“. Zone A war die sowjetische Besatzungszone.
    Folgerichtig der erste neue Tagebucheintrag vom 22.02.1946, vermutlich aus dem Lager Oranienburg. Er beschreibt einen Weg über Namur, Marburg und Erfurt und scheint dann dort am Ziel zu sein. Er beschreibt ein wenig die Zustände im Lager, wieder eine Urkunde für den Oblt. ( er war begeisterter Schachspieler).
    Diese Aufzeichnungen enden am 06.07.1946 mit der Bemerkung, dass er nicht wisse wie es nun weitergeht ( dort bleiben, Arbeitseinsatz oder Entlassung).
    Nun interessiert mich natürlich, wie er plötzlich zum Oberleutnant wurde, wie und wo er gefangen genommen wurde, sein Weg durch die Lager und natürlich wann er wo entlassen wurde.
    Seine Kinder sind da keine große Hilfe, die waren damals noch Kinder und haben nur mitbekommen, dass der Papa plötzlich wieder da war. Es konnte mir auch niemand irgendwelche Namen von Mitgefangenen sagen, zumal sie vermutlich auch nicht mehr am Leben sind.
    Eine Anfrage in der Gedenkstätte Oranienburg ( KZ Sachsenhausen bzw. Speziallager Nr.7 ) blieb bisher unbeantwortet, eine weitere ist in Arbeit.
    Leider habe ich auch im FdW noch nicht die richtigen Stellen gefunden.
    Bringt es etwas, zum Meldeamt in Königsberg zu schreiben ( ist ja heute Kaliningrad) und etwas über die Adresse herauszubekommen ?
    Wie schon gesagt, Anfrage bei der Wast läuft noch.

    Das ist jetzt ziemlich viel geschrieben, aber je mehr bekannt ist, desdo besser kann ja vielleicht geholfen werden.

    Ich würde mich über Hinweise freuen, wie ich jetzt weitermachen könnte oder was zu den Stationen bekannt ist.

    In diesem Sinne schon mal vielen Dank von
    Nic

  • Hallo,

    Evtl. war er ja als "Zivilist" in Königsberg und dort als Ingenieur tätig.

    Du könntest versuchen über das Königsberger Adreßbuch eine Adresse herauszufinden.

    Vielleicht kannst Du über diese Seite Kontakt herstellen:

    http://mitglied.lycos.de/Koenigsberg194…Adressbuch.html


    Woher kommt Deine Vermutung mit Oranienburg?
    Wenn er über Erfurt kam ist z.b. das Speziallager im ehemaligen Buchenwald-KL doch naheligender, oder?


    Viele Grüße
    Steffen

    "Man besucht ja nur sich selber, wenn man zu den Toten geht" (Kurt Tucholsky)

  • Hallo papa,
    es ist keine Vermutung mit Oranienburg. Er erwähnt dieses Lager in dem "Tagebuch" und es gibt eine Urkunde als Batl.Schachmeister von dort.
    Den link werde ich gleich mal probieren, vielen Dank erstmal.
    Mit Gruß
    Nic

  • Quote

    Original von nicolae

    ..... vermutlich aus dem Lager Oranienburg.

    Nic

    Hallo,

    deshalb bin ich drauf gekommen, aber Du bezogst Dich wahrscheinlich nur auf den Tagebucheintrag.


    Wegen der Königsberger Adreßbücher.

    Da Du ja Berliner bist. In der Staatsbibliothek zu Berlin - Preußischer Kulturbesitz sind nahezu alle Adreßbücher von Königsberg einzusehen.
    Evtl. kannst Du dort mal nachforschen.

    Viele Grüße
    Steffen

    "Man besucht ja nur sich selber, wenn man zu den Toten geht" (Kurt Tucholsky)

    Edited 2 times, last by Papa (September 21, 2009 at 8:13 PM).

  • In der Staatsbibliothek zu Berlin - Preußischer Kulturbesitz

    Danke, da werd ich mal hingehen. Der link funktioniert übrigens nicht, ich habe aber über email eine Anfrage gestellt.

    Ich frage mich auch manchmal, ob ich die richtigen Fragen stelle.
    MMhh
    Mit Gruß
    Nic

  • Quote

    Original von nicolae

    Ich frage mich auch manchmal, ob ich die richtigen Fragen stelle.
    MMhh
    Mit Gruß
    Nic

    Hallo Nic,

    Wieso?

    Was bedeutet MMhh ?

    Viele Grüße
    Steffen

    "Man besucht ja nur sich selber, wenn man zu den Toten geht" (Kurt Tucholsky)

  • Hallo Nic,

    Quote

    Uffz. der Reserve OTTO MÜLLER

    Zusammen mit seinem Alter ist das ein Indiz dafür das er den Dienstgrad
    aus dem 1. WK "mitgebracht" hat.

    Er wird sich zu Kriegsbeginn freiwillig gemeldet haben und auf Grund seines
    Alters bei dieser "Schüler-Kp." als Ausbilder tätig gewesen sein.

    Quote

    Ich frage mich auch manchmal, ob ich die richtigen Fragen stelle.

    Fragen stellen ist immer richtig und falsche Fragen gibt es eh nicht ;)

    Gruss Dieter

  • Ja, manchmal stellt man eben die falschenFragen undbekommt keine Antwort.
    Aus dem WK I ist er als Gefreiter gekommen- ist belegt.
    Das mit dem Ausbilder habe ich mir auch schon überlegt, aber es gibt keinerlei Hinweise darauf.
    Aber auf Grund des Alters und der Qualifikation ( Dipl.Ing.) könnte da natürlich was gewesen sein.
    Mit Gruß
    Nic

  • Hallo Arnold,

    Nic hatte mir eine PN geschrieben.

    Es bedeutet hmmm.. . Also das sinnbildlich ausgedrückte Überlegen. ;)

    Ich hatte zuerst an eine dieser SMS-Abkürzungen gedacht und dabei daran gedacht, daß meine Handy-Verweigerung jetzt wohl ihre (faulen)Früchte trägt. :D


    Viele Grüße
    Steffen

    "Man besucht ja nur sich selber, wenn man zu den Toten geht" (Kurt Tucholsky)

    Edited 2 times, last by Papa (September 24, 2009 at 8:45 PM).

  • Ich habe zufällig noch einen Brief gefunden- heute - VON meinem Großvater. Darin erwähnt er, dass er in Nohra die Rolle eines techn. Ausbilders spielen soll.
    Damit ist zwar seine Bestimmung in Nohra geklärt, aber der Rest bleibt offen. Als Gefreiter d.R. aus dem WK I übernommen, dann aktiviert und zum Uffz. gemacht. Das Rätseln geht also weiter.
    Vielleicht weiß ja wer, ob in der Zeit 1942/43 in Königsberg ein Flugplatz o.ä. umgebaut wurde, z.B. Prowehren.
    Mit Gruß
    Nic

    Edited once, last by nicolae (September 25, 2009 at 12:15 AM).

  • Hallo Nic,

    sind alle Deine Briefe "Zivil" versendet, oder tragen Sie einen Stempel Dienstpost, Feldpost etc.?

    Sind evtl. Feldpostnummern drauf?

    Wenn nicht, ist es wohl am sinnvollsten die Antwort der WaSt abzuwarten und dann weiter zu schauen.
    Auch wenn ich verstehen kann, daß die Warterei nervig ist.


    Viele Grüße
    Steffen

    "Man besucht ja nur sich selber, wenn man zu den Toten geht" (Kurt Tucholsky)

    Edited 2 times, last by Papa (September 25, 2009 at 8:20 AM).

  • Hallo papa,
    leider sind weder FPN noch sonst irgendwelche Vermerke darauf. Rein zivile Post.
    Auf den Briefen aus der Schweiz ( von seiner Verwandschaft) ist aber immer eine Banderole mit Stempel vom OKW "geöffnet", auch wenn sie an seine Heimatadresse gingen.
    Da werde ich wohl die Antworten der offiziellen Stellen abwarten müssen.
    Mit Gruß
    Nic

  • Hallo zusammen,

    Quote

    vom OKW "geöffnet"

    Ich kenne mich mit der Zensur (wer hatte was wann zu zensieren) nicht
    aus. Was ich aber für bemerkenswert halte ist das der/die Briefe von
    einer Dienststelle des Oberkommando der Wehrmacht zensiert wurden.

    Das ist schon sehr hoch aufgehangen.

    Gruss Dieter

  • Das finde ich auch, zumal mein Opa zu der Zeit offenbar kein Angehöriger der WM war. Ein Stempel war übrigens " geprüft", nicht wie die anderen "geöffnet". Aber alles nur Familien- blabla.
    naja, harren und hoffen ...
    Mit Gruß
    Nic

  • Eine erste Rückmeldung habe ich erhalten. Das Hannah-Arendt-Institut teilte mir mit, dass sie keine Unterlagen über meinen Großvater haben. Sie hätten auch nur Unterlagen zu verurteilten Gefangenen, zu denen mein Großvater offenbar nicht gehörte. Dafür schickte mir die nette Dame einen Auszug aus einem Buch, in dem die damals gängige Praxis bezüglich aus der amerik. Gefangenschaft entlassener Offiziere beschrieben wird- sehr aufschlussreich.
    Mal sehen was noch so kommt.
    Viele Grüße
    Nic

  • Neue Info.
    Mein Großvater war also in Nohra als Ausbilder tätig.
    In Königsberg hat er als reichsbahnangehöriger Bauingenieur am Bau der Bahnstrecke zum FHQ Wolfsschanze mitgewirkt, wohin er von seiner Firma "delegiert" wurde. Nach Aussage meiner( über 80 jährigen Tante), ist er zum Ende des Krieges hin Oberleutnant geworden um einen Zug Volkssturm bei Halle/ Saale zu befehligen, weil die Oberen abgehauen sind. So wurde er auch von den Amerikanern gefangengenommen und ist in das Lager Attichy gebracht worden. Dort war er aber nicht im Offizierscamp untergebracht, sondern bei den normalen POWs.
    Leider noch keine weiteren Infos von der Wast und anderen Archiven, aber neuer Ansatzpunkt.
    Sollte jemand neue Infos haben- unter den neuen Gesichtspunkten- ich würde mich freuen.
    Weihnachtliche Grüße
    Nic

    Edited once, last by nicolae (December 25, 2009 at 11:28 PM).

  • Hallo Nic,

    Quote

    In Königsberg hat er als Reichsbahnangehöriger Bauingenieur am Bau der Bahnstrecke zum FHQ Wolfsschanze mitgewirkt, wohin er von seiner Firma "delegiert" wurde.

    Das könnte in Richtung Eisenbahn-Pioniere bzw.Reichsbahn Subunternehmer gehen. Beide bedienten sich,heute würde mann sagen, Spezialdienstleistern.
    z.B. Stahlbauzüge oder Oberbau-Spezialisten.

    Ist sein Arbeitgeber in Königsberg bekannt (Rentenunterlagen)

    Gruss Dieter

  • Hallo Dieter, soweit mir bekannt ist wurden auch zivile Ingenieure etc. teilweise in der WM eingesetzt. Um ihre Position bei der Zusammenarbeit mit der WM "zu untermauern " erhielten sie "ehrenhalber " auch Offiziersdiensgrade. Ein Zivilist hätte sonst z.B. Schwierigkeiten Baukommandos der WM Anordnungen zu erteilen.So konnte er sich aber durchsetzen. Ist jetzt mal vereinfacht erklärt aber so etwas gab es auch bei Ärzten und Wissenschaftlern. So ist es auch erklärbar das er als POW nicht ins Offizierslager kam.

    Gruß- Alte61-Achim

    Suche alles über die Pz.Aufkl.Abtl. 14 der 14.PD in Litauen ab 15.08.1944

  • Hallo Achim,

    soweit ich weiss gab es bei der Wehrmacht keine "Fachoffiziere"(BW Bezeichnung) Was es gab waren z.B. Reichsbahn Dienstgrade die eine
    Kurzausbildung (mill.) bekamen und dann mit dem ihrem Dienstgrad vergleichbaren Offz. Dienstgrad in die Wehrmacht übernommen wurden.

    Quote

    So ist es auch erklärbar das er als POW nicht ins Offizierslager kam.

    Da ist noch zuviel unklar um das so festzuschreiben

    Gruss Dieter