Frage zum Schützengraben im 1. Weltkrieg

  • hallo allerseits
    falls fragen zum 1. wk nicht erwünscht sind ,bitte den beitrag löschen .

    german werth schreibt in seinem buch verdun über die vordersten stellungen folgendes :
    ......gleichzeitig bat er schriftlich um erlaubnis , das tragen von wickelgamaschen im graben zu erlauben und spazierstöcke zu schicken . beides dinge die vorne unentbehrlich und in den augen der vorgesetzten ein greuel waren.die leute.......

    warum denn spazierstöcke ? kann mir das bitte jemand erklären ?
    danke im voraus und mfg,michi

  • Hallo michi,

    der 4. und der 13. Soldat haben einen Spazierstock.

    http://www.fotos-hochladen.net[/IMG]

    Gründe und Zweck kenne ich nicht. Es ist aber ungewöhnlich. Er trägt auch Mütze und keinen Helm ( Vielleicht Kopfverletzung ?), aber warum den Stock jeder haben wollte. Er ist doch mit dem Gewehr sehr hinderlich.

    Ich vermute es war eine Modeerscheinung, so wie im II. WK der Wolchowstock u.a.

    Gruß Karl

  • Hallo,

    Quote

    falls fragen zum 1. wk nicht erwünscht sind ,bitte den beitrag löschen .

    kein Problem mit Fragen zum Ersten Weltkrieg, wohl aber mit fehlender Groß- und Kleinschreibung... ;)

    Denke, der praktische Sinn der Gehstöcke war, sich im von der Artillerie sturzackerartig umgepflügten und matschigen Gelände halbwegs vernünftig fortbewegen zu können.

    Auf einem Gewehr stützt man sich im Dreck nicht auf, wenn man auf dessen Funktion angewiesen ist.


    Grüße

    Thilo

    Suche alles zur Lehrtruppe Fallingbostel und zum Einsatz des NSKK in der Ukraine 1941

  • Nur eine Mode Erscheinung ? Kaum zu glauben, aber wie gesagt ich konnte mir gar keine Erklärung vorstellen.ob man sich mit einem gehstock gut im Schlamm abstützen kann ?
    Lg Michi

  • Thilo beschreibt es einigermaßen richtig. Aber die Stöcke wurden von Soldaten des I. Weltkriegs nicht nur im unwegsamen Gelände verwendet und somit war es schon irgendwie
    eine Modeerscheinung, die sich Jahrzehnte hielt. Adolf Hitler, der sicher nicht gehbehindert war, lief auf dem Obersalzberg generell mit Stock umher. Und selbst in den Jahren bis etwa 1955 gingen auch "gestandene Mannsbilder" mit Gehstöcken ihres Weges. Auch noch Jahre später gab es Politiker, wie z.B. der damalige Regierende Bürgermeister von Berlin und spätere Bundeskanzler (Willi Brandt), die ein ausgesprochenes Faible für
    Gehstöcke hatten.

    Gruß
    Bert

    Edited once, last by Jahrgang39 (August 6, 2012 at 5:27 PM).

  • Hallo Michi,

    mal so ne Anregung,

    hab mal einen Veteranen der 4.Geb.Div zum Geburtstag gratuliert zuhause.Dort zeigte Er mir einen Spazierstock von seinem Onkel aus der Zeit kurz vor dem !.Weltkrieg.Sein Onkel war in Metz stationiert und bei seiner Entlassung hatte Er diesen Stock angefertigt,mit 24 ca 0.5cm dicken Lederscheiben,jede Scheibe für einen Monat Wehrdienstzeit. Solche Reservistenstöcke/Paddel/Pickel gabs/gibts auch noch in der Bundeswehr!

    Vielleicht diente der Stock,wie auf dem Bild zu sehen ist ,auch zur Marscherleichterung für nicht ganz so gesunde Marschierer1 :)

    P.S.Der Onkel wurde bei Kriegsbeginn sofort wieder eingezogen und war der zweite Gefallene der Gemeinde!

    mfg Eumex

  • Nur eine Mode Erscheinung ? Kaum zu glauben, aber wie gesagt ich konnte mir gar keine Erklärung vorstellen

    Hallo,

    britische Offiziere zogen zu Beginn des 1.Weltkrieges oftmals unbewaffnet ins Feld und führten als Truppenführer an der Front nur einen Spazierstock bei sich. Es mag unglaublich klingen, aber in der britischen Armee hielt man zunächst an den völlig veralteten Militärtraditionen des vorigen Jahrhunderts fest und danach galt es als unschicklich, als Offizier selbst bewaffnet in den Kampf einzugreifen. Als vornehmste Aufgabe der Offiziere wurde die Truppenführung und das kommandieren im Kampf angesehen, das töten von feindlichen Soldaten wurde der Truppe überlassen.
    Quelle: Das Antlitz des Krieges von John Keegan

    Gruß, J.H.

  • Hallo zusammen,

    Mode hin oder her; es mag ja schicklich gewesen sein mit dem Spazierstock umherzuwandeln..
    Ich habe einige Bildbände zum I. WK. Spazierstöcke sind mir bislang nicht aufgefallen, außer bei den höheren Diensträngen....aber auf Schützengrabenfotos habe ich derartiges noch nicht gesehen.
    Solche Erscheinungen waren hie und da anzutreffen. Man denke nur an den geschnitzten "Wolchowstock" im II. WK.
    Englische Offiziere trugen fast immer ihr kleines Stöckchen unter den rechten Arm geklemmt, außer natürlich im Gefecht, da hatte er dann den S&W 0.38/200 oder den No.2 Cal. .380 mit Fangschnur.
    Stöcke waren schon immer ein Zeichen von Vorgesetzten; früher zur sofortigen Züchtigung der Mannschaften benutzt, wurden diese später eben zu Spazierstöcken etc.

    Es mag unglaublich klingen, aber in der britischen Armee hielt man zunächst an den völlig veralteten Militärtraditionen des vorigen Jahrhunderts fest und danach galt es als unschicklich, als Offizier selbst bewaffnet in den Kampf einzugreifen. Als vornehmste Aufgabe der Offiziere wurde die Truppenführung und das kommandieren im Kampf angesehen, das töten von feindlichen Soldaten wurde der Truppe überlassen.

    Da stimme ich voll zu. Der Offizier hatte zu führen! Trug er früher den gezogenen Degen in der Hand, so diente dieser allenfalls der Selbstverteidigung.
    Um nicht zu weiter vom Thema abzukommen nur ganz kurz: Natürlich kämpften in den früheren Jahrhunderten die Ritter in vorderster Reihe mit usw.

    Gruß Karl

  • Hallo,

    (Spazier-) Stöcke z.B. im Schützengraben in Flandern oder im Sumpfgebiet des Wolchow hatten zuvörderst einen einfachen, aber sehr einsichtigen Sinn: Wasserstandsmessungen.

    Sowohl im Gelände, auf Wegen und Pfaden und auch den Schützengräben stand ständig Wasser und niemand kannte seine Tiefe. Bevor einem also die Knobelbecher voll liefen, war es besser die aktuelle Wasserstandsmeldung zu haben. Mein Vater hielt große Stücke auf seinen "Wolchow-Stock", aus ganz pragmatischen Gründen, wie er immer wieder betonte.

    Zudem gab es in den Gräben, Unterständen und Bunkern allerhand ungebetene Mitbewohner (z.B. Ratten), denen man mit einem Knüppel gut ans Fell konnte.

    Wie so oft war es zunächst die pure Funktion, die sich dann zu einer Modeerscheinung wandelte.

    Beste Grüße

    Paul


    G-W-G'

    Edited once, last by Paul Spohn (June 23, 2017 at 1:41 PM).


  • Englische Offiziere trugen fast immer ihr kleines Stöckchen unter den rechten Arm geklemmt, außer natürlich im Gefecht, da hatte er dann den S&W 0.38/200 oder den No.2 Cal. .380 mit Fangschnur.
    Stöcke waren schon immer ein Zeichen von Vorgesetzten; früher zur sofortigen Züchtigung der Mannschaften benutzt, wurden diese später eben zu Spazierstöcken etc.

    Hallo Karl,

    das "kleine Stöckchen" nennt sich in der britischen Armee "Pace Stick" und wurde dort nicht von den Offizieren, sondern von den "Warrant-Officers" (z.B. Sergeant Major), die als "Drill-Instructor" eingesetzt waren, beim Formaldienst getragen. Diese Stöcke dienten ursprünglich auch nicht zur Bestrafung, sondern ganz einfach zum Messen der Abstände zwischen in einer Formation aufgestellten oder marschierenden Soldaten. Dazu sind die Pace Sticks aufklappbar wie ein Zirkel und mit Einkerbungen in verschiedenen Abständen versehen. Der Stock dient dem Träger auch als Autoritätssymbol (wer mal einen Sergeant Major beim kommandieren einer Marschformation erlebt hat, weiß was ich mit Autorität meine :D ) und auch als Spazierstock und Stütze - er wird im Marsch aber immer unter dem linken Arm eingeklemmt getragen..
    Quelle: Waterloo-Lexikon von Helmut von Keusgen

    Gruß, J.H.

  • Quote

    das "kleinen Stöckchen" nennt sich in der britischen Armee "Pace Stick" und wurde dort nicht von den Offizieren, sondern von den "Warrant-Officers" (z.B. Sergeant Major), die als "Drill-Instructor" eingesetzt waren, beim Formaldienst getragen. Diese Stöcke dienten ursprünglich auch nicht zur Bestrafung, sondern ganz einfach zum Messen der Abstände zwischen in einer Formation aufgestellten oder marschierenden Soldaten. Dazu sind die Pace Sticks aufklappbar wie ein Zirkel und mit Einkerbungen in verschiedenen Abständen versehen.
    Gruß, J.H.

    Hallo zusammen,
    als kleine Ergänzung und Übersetzungshilfe: pace=Schritt. Aus der Schrittlänge multipliziert mit der Schrittfrequenz ergibt sich das Tempo, im Englischen daher ebenfalls mit "pace" übersetzt. Beide Bedeutungen schwingen z.B. mit in "walking pace"=Schrittgeschwindigkeit
    IR75

    Edited 2 times, last by IR75 (June 23, 2017 at 1:56 PM).

  • Hallo J.H. und IR 75,

    sehr schön, wenn sich jemand bemüht meine Ausführungen zu ergänzen und ggf. zu berichtigen.

    Wenn ich das so lese, dann muss ich schreiben, dass das ja schon beinahe lächerlich ist, den Abstand mit dem "Pace Stick" zu messen.
    Das gab es ja nicht einmal beim Vater des alten Fritz, dem sog. Soldatenkönig, Friedrich Wilhelm I.

    Gruß Karl

  • . . . dass das ja schon beinahe lächerlich ist, den Abstand mit dem "Pace Stick" zu messen.

    Hallo Karl,

    das lass mal nicht die Briten hören !
    Als die Bundeswehr noch eine Heeresoffizierschule II in HAMBURG hatte, bestand ein
    Patenschaftsverhältnis mit der RMA in SANDHURST. Als die Briten 1971 zu Besuch waren,
    haben sie uns nicht nur den "pace-stick", sondern auch so "lächerliche" Zeremonien wie
    "Kissing Sword" vorgeführt (andere Länder, andere Sitten !).
    Ansonsten schau mal hier:
    https://en.wikipedia.org/wiki/Pace_stick

    Gruß
    Rudolf (KINZINGER)

  • Hallo,

    danke Euch für die umfassende Info.
    Ich kenne die (deutsche) Exerziererei aus eigener Erfahrung, einschließlich der Griffe klopfen mit dem K 98k und aller sonstigen Drillgeschichten bis hin zur Eskaladierwand in voller Ausrüstung, immer mit dem Gewehr beim Absprung gegen den Helm und Schädel, um nur so eine kleine Episode zu schildern ( Wobei ich darin noch einen Sinn sehe/Hindernisse überwinden).
    Ich selbst habe auch so einen stupiden Kasernendienst kennen gelernt ( Mit extra beschafften Tschakos), als Königin Elizabeth die II. ihre Verwandschaft in Langenburg besuchte. ( Wurde aber dann für andere Zwecke herausgelöst).
    Angesichts dessen halte ich die engl. Paradestücke für unangemessen, überzogen und völlig überholt.
    In London habe ich so einen kleinen Spektabel life erlebt und die Leute waren begeistert. Also soll es so gut sein. Wie geschrieben, andere Länder andere Sitten.
    Lineartaktik* in der Kriegsführung ist nicht mehr zeitgemäß, aber gut, das ist deren Tradition, die sich in vielen Bereichen widerspiegelt. Ich respektiere das, aber nützlich ist so etwas nicht um der Aufgaben des Militärs gerecht zu werden.
    Wenn sich ein Staat, wir ja auch, eine spezielle Einheit für Repräsentationszwecke ( Wachbataillon) gönnt, dann ist das eine andere Sache, aber es kommt immer auf die Größenordnung an!!.

    * Das war der eigentliche Zweck, die Soldaten auf die sturen linearen Angriffsformen "einzustimmen" und nebenbei natürlich auch die "wunderschönen Kaiser-/Königsparaden" zu gestalten.

    Gruß Karl

    Eines muss ich noch ergänzen:

    Der Ablauf der speziell britischen Militärparaden ist exakt und von hoher, man möchte schon sagen Präzision, durchaus faszinierend ja mitunter von bewundernswerter Disziplin. Das muss man ihnen lassen.

  • Hallo Leute,

    die ursprüngliche Anfrage bezog sich auf den 1. Weltkrieg.
    Einige haben ja schon mitbekommen, dass ich mich neben der Polizei auch für das Reserve-Infanterie-Regiment 60 interessiere.
    Im R.I.R. 60 hat sich der zweite Kommandeur (O. Commichau) ausbedungen, dass alle Offiziere des Regimentsstabes
    bei Angriffen vor der Truppe vorangingen, ohne die vorgesehene Pistole, dafür mit großem Spazierstock um ihren Truppen den Weg zu weisen.
    Seine Begründung: Im Gefechtslärm wären akkustische Signale, oder ein Einweisen mit der kleinen Pistole für die Truppe so gut wie
    nicht wahrnehmbar. Dagegen ist der große Spazierstock für die meisten Soldaten sichtbar (was Commichau natürlich nicht vergenwärtigte/oder wollte,
    der Gegner konnte die Führungsoffiziere an ihren langen hellen Spazierstöcken bevorzugt aufs Korn nehmen).
    Anbei ein kleiner Bildausschnitt, der den Regimentsstab RIR 60 am 21.03.18, um ca.13:00 Uhr südlich Ecoust-Saint-Mein zeigt, mit den besagten
    Spazierstöcken (gut 4 1/2 Stunden nach Angriffsbeginn in einer Vormarschpause). Das RIR 60 war an besagtem Tag als Teil der 221.Div. am äussersten
    rechten Flügel der "Kaiserschlacht"/"großen Schlacht in Frankreich" eingesetzt.

    Gruß
    Matthias


    beteiligt.

  • Hallo,

    zur Nutzung von Spazierstöcken auf beiden Seiten der Fronten des 1.Weltkriegs hab ich noch mal etwas angehängt.
    Quellen: Salzburger Chronik Nr. 13 vom 18.Januar 1916, Seite 4 u. Illustrierte Kronen-Zeitung Nr. 6569 vom 18.April 1918, Titelseite ff.



    Der Ablauf der speziell britischen Militärparaden ist exakt und von hoher, man möchte schon sagen Präzision, durchaus faszinierend ja mitunter von bewundernswerter Disziplin. Das muss man ihnen lassen.

    Die britischen Soldaten sind militärisch grundsätzlich sehr gut diszipliniert (und auch abgehärtet). Man muss dabei wohl auch berücksichtigen, dass die Briten eine sehr lange Militärtradition haben und auch leben und eigentlich zu jeder Zeit weltweit in irgendwelchen Einsätzen oder Konflikten (wie z.B. Indien, Südostasien, Falkland, Nordirland) eingesetzt wurden und deshalb stets "gefechtsnah" ausgebildet wurden. Bei Vergehen drohen den britischen Soldaten auch heute noch oft drakonische Strafen. Es gab vor einigen Jahren zum alljährlichen "Trooping the Colour" einmal eine Dokumentation über den Alltag eines Angehörigen der Irish Guards im Fernsehen, der beim Wachdienst eingeschlafen war und erwischt wurde. Zur Strafe erhielt er 30 Tage Arrest, dies ist übliche Bestrafung für dieses Wachvergehen. Als alternative wurde dem Soldaten freigestellt, seinen Abschied aus der Armee zu nehmen und damit einer Haftstrafe zu entgehen, was dieser dann auch tat - sehr zum bedauern seines Kompaniechefs. Leider finde ich den Titel der TV-Dokumentation nicht wieder, ich würde sie selbst gerne noch einmal sehen.

    Gruß, J.H.