"Das Boot" (U 96)

  • Hallo in die Runde,

    ich habe seit langer Zeit mal wieder "Das Boot" von W.Petersen gesehen, die DVD-Fassung, 208 Min., mit Untertiteln auch in Hindi, Hebräisch, Türkisch und Isländisch. "wow"

    Als erstes ist mir aufgefallen, dass die deutschen Untertitel oft so gar nicht mit dem Originalton übereinstimmen.

    Weiterhin frage ich mich, ob das Leben auf einem U-Boot wirklich damals so aussah (der Film wurde nach der Romanvorlage des damaligen Kriegsberichterstatters Buchheim gedreht).
    Mir standen teilweise die Haare zu Berge, als ich sah, wie die Besatzung miteinander umging. Die Nerven lagen sicherlich nach Wochen auf See bei manchen Männern blank, aber dass als Ventil die eigenen Leute benutzt wurden, fande ich schon heftig. Sie mussten auf engstem Raum ja eigentlich miteinander klarkommen.

    Auch die Eingangsszene in La Rochelle fande ich übertrieben dargestellt. Ein U-Boot-Kommandant feiert sein Ritterkreuz und es artet in ein Gelage aus. Fast alle Männer hackevoll (aber so richtig), einige pinkeln die Offiziere bzw. deren Wagen an, der Kommandant liegt vollgekotzt auf der Toilette, einer schießt mit seiner Pistole quer durch den Raum...

    War das nun die künstlerische Freiheit des Regisseurs oder endeten solche Feiern wirklich so? Wer war da am nächsten Morgen beim Auslaufen nüchtern? Vielleicht hat Buchheim auch ein wenig dick aufgetragen, das Buch kenne ich nicht.


    Viele Grüße

    Katrin

  • Hallo Katrin...ob es wirklich so war, da müsste man eher Petersen fragen...Buchheim hat sich später vom Film distanziert!
    Obwohl es unter U-Boot-Leuten eh etwas anders zuging als bei dem Rest der Armee, ist heute auch noch so! :D
    Grüße Thomas

  • Hallo,
    es ist teilweise ziemlich schlimm zugegangen, nicht nur bei den U-Bootleuten. Auch bei der BW habe ich sowohl einiges erlebt, als auch aus berufenem Mund gehört. Dabei wurde auch schon mal der Flur im Kasino zur Schiessbahn umfunktioniert und an dem im Flur stehenden Spind des Stabsarzte eine Zielscheibe angebracht. Allerdings ist das schon eine gewisse Zeit her. Es gab noch mehr dieser Dinger, und teilweise wurde das für die Beteiligten etwas teurer als Verlustmeldung für Taschentuch.
    Gruss
    Rainer

    Suum cuique

  • Ich spekuliere ja nur ungerne. Aber für die U-Bootfahrer war doch sicherlich die Chance einer Rückkehr sehr gering, oder?
    Daher kann ich mir diese exzessive Endzeitstimmungspartys durchaus vorstellen!

    Glück Auf!
    "Basil"

    "Ich bin ein Egoist und kümmere mich nicht um andere?. Sogar behinderte Delphine kommen zu mir, um mit mir zu schwimmen" (Stromberg)

  • Danke für eure Antworten.

    Sicherlich war das Leben auf einem U-Boot extrem und es war Krieg, aber trotzdem herrschte doch noch mehr "Zucht und Ordnung" als heute.

    Kennt jemand von euch den Film und das Buch? Ansonsten werde ich es selbst mal lesen.


    Viele Grüße

    Katrin

  • Hallo Katrin,

    ich kenne den Film...
    den solltest Du Dir schon angucken!

    Ich kannte auch den "echten" Kapitän Heinrich Lehmann Willenbrock der das damalige Kommando auf dem U-Boot führte. Vita

    Ich bin unter seiner Regie auf der legendären NS "Otto Hahn" gefahren.

    Er stand seinerzeit dem Filmteam für das "Das Boot" beratend zur Seite.

    Mit dem späteren Ergebnis des Filmes war er allerdings nicht glücklich.

    So hat er es uns, (seiner "Otto Hahn" Crew) in Gesprächen geschildert.

    Ahoi

    Jane

    Edited once, last by Caprinus (June 17, 2008 at 10:45 PM).

  • Hallo KaLa61!

    Solche Gelage/Feiern kann ich mir durchaus vorstellen.

    Nach der Aussage einer Frau, die die Bombennächte im Krieg miterlebt hat, wurde wann immer möglich ausgelassen gefeiert – denn jeder Tag konnte der Letzte sein.

    Auch im Buch „So war es wirklich“ (Johann Huber) über den Alltag bei der 7. Panzerdivision 1944/45 gibt es den einen oder anderen Fall wo Frontsoldaten sehr viel Alkohol getrunken haben.

    Viele Grüße
    Ronald

    Edited once, last by ft17 (June 18, 2008 at 12:40 AM).

  • Evtl. seperat das Buch dazu lesen.

    Habe oftmals Bücher gelesen und danach den Film gesehen, viele Sachen, verständlicherweise, werden gekürzt.


    DIE FESTUNG, der Nachfolger vom DAS BOOT, schließt ja an das Erreichen des Hafens an, nur wird hier das Schiff nicht versenkt.

    Das Buch ist 1600 Seiten dick und ich glaube allein 300 Seiten (?!) sind für dich Flucht mit dem UBOOT bestimmt...und da wird bis ins kleinste Detail alles beschrieben (erschreckend!)

  • Exzessives Feiern soll nach dem was ich gehört habe sogar üblich gewesen sein. Die hohen Offiziere nahmen sich bei offiziellen Grillpartys auf den "U-Boot-Weiden" (die Schlösser und Villen im Hinterland) natürlich zurück. Aber in den Städten und unter den Mannschaften soll es ziemlich wild zugegangen sein. Von Manschaften, die nach der Feindfahrt geschlossen ins Bordell gefahren wurden bishin zu betrunkenem herumballern Art war alles dabei.

    Ich habe von einem U-Boot-Offizier gelesen (der Name ist mir entfallen), der im Suff seine Kameraden erschrecken wollte, plötzlich die Pistole zog, sie sich an den Kopf hielt und abdrückte. Er hatte sie vorher entladen aber im Alkoholrausch vergessen, daß bei einer durchgeladenen halbautomatischen Pistole immer noch eine Kugel im Lauf verbleibt. Kann sein daß die Szene im Film davon inspiriert wurde.

    Was bei "Das Boot" eher unrealistisch sein soll, ist der fehlende Respekt gegenüber den Offizieren. Einem Leutnant mit Schwung einen ölligen Lederlappen ins Gesicht zu hauen war undenkbar. In echt hätte daß vor einem Kriegsgericht geendet. Selbst daß schnoddrige "Moin-Moin Herr Leutnant" wäre im Bordtagebuch gelandet, auch wenn der angesprochene nur "Badegast" war.

  • Hallo,

    eine interessante Diskussion. Es ist wohl nicht so entscheidend ob Petersen die Wahrheit im Detail dargestellt hat. Denkt doch bitte mal daran, das die Hälfte aller U-Boot-Besatzungen nicht zurückgekehrt sind, Das aber nicht nur am letzten Kriegstag sondern im Verlauf des gesamten Krieges, zu Anfang war da vielleicht noch so etwas wie Stolz auf die Waffengattung aber später war es sicher ganz ganz anders. Schade, dass es keinen U-Boot-Mann mehr hier unter und gibt, der uns hierzu etwas mitteilen könnte.
    Das "Boot" hat mich schon in seinen Bann gezogen und ich glaube nicht, dass da etwas beschönigend dargestellt wurde.

    Gruß Werner

    Ich suche jegliche Informationen zur 60. Inf.Div.(mot.)

  • Das "Moin-Moin" ist für Norddeutsche so normal, wie bei uns der Tageesgruß auf der Straße.

    Ich denke das mit "Das Boot" ein Meilenstein in der Filmgeschichte geschaffen wurde, an den heutige Filme nur schwer heran kommen.

    Zudem war Heinrich Lehmann-Willenbrock (der wahre Kommandant von U 96) bei den Dreharbeiten am Set und unterstütze Petersen bei historischen Fragen.
    Gegenüber dem Respekt von Offizieren kann ich bei dem Film nur sagen, dass kein einziger von ihnen mit Namen angesprochen wurde, geschweige denn geduzt.
    Immer schön mit Dienstgrad oder halt der Funktion (I WO, II WO, LI, Kaleu).

    PS: Von der U-Boot Waffe fielen 82 % des Personalkörpers, also wäre eine Verlustrate von "der Hälfte" noch mehr als annehmbar.

    Rheinmetall

    "Die Sehnsucht nach der Heimat wächst mit dem Quadrat der Entfernung."
    (In Memorie of Jürgen Oesten † 05.08.2010)

  • Quote

    Original von Rheinmetall
    Zudem war Heinrich Lehmann-Willenbrock (der wahre Kommandant von U 96) bei den Dreharbeiten am Set und unterstütze Petersen bei historischen Fragen
    Rheinmetall

    Es wurde aber auch geasgt, dass sich Willenbrock später von dem Film distanziert hat. Anscheinend war mit dem Ergebnis nicht zufrieden.

    Das sich die Männer auf den U-Booten nicht mit Samthandschuhen angefasst haben, ist mir klar, aber dass es wohl öfter so ausuferte, hätte ich auch nicht gedacht.

    Danke für eure Beiträge. Ich werde irgendwann mal das Buch lesen (habe aber auch schon gehört, dass Buchheim als Spinner bezeichnet wurde).


    Viele Grüße

    Katrin

  • Quote

    (habe aber auch schon gehört, dass Buchheim als Spinner bezeichnet wurde).


    Viele Grüße

    Katrin

    Er war ein Exzentriker und im Alter ein ziemlicher Grantelhuber. Daß hatte u.a. dazu geführt, daß seine Heimatgemeinde Feldafing sich weigerte, seine millionenteure Gemäldesammlung anzunehmen.

    Übrigens, als das Magazin "Aspekte" auf ZDF nach seinem Tod einen Nachruf brachte, konnte man eine Premiere erleben. Es war der erste Nachruf, in dem der Akteur nur geflucht und geschimpft hat.
    Zitate:

    "Ja seit ihr denn alle so blöd....."

    "Ja sie sind ja gut, ein bisschen sollten sie sich schon kundig machen...."

    "Kitsch, Kitsch, Kitsch, dieser Film starrt von Kitsch..... wenn die Orgelmusik einsetzt weiß man, jetzt wird es sentimental, jetzt passiert irgend eine Scheiße" (über den Film Saving Private Ryan)

    Fazit: Als Schriftsteller und Kunstkenner gut, als Mensch unausstehlich.

  • Ich habe beide Werke, "Das Boot", und "Die Festung" mehrfach gelesen.

    Es gibt keine bessere, und realistischere Beschreibung des schmutzigen U-Boot Krieges, und es wird niemals eine bessere geben.

    Sicher, Buchheim war ein Nörgler, ein Grantler, ein unbequemer Mensch, aber solch ein unangepasster Zeitzeuge, ist mir allemal lieber, als jeder dahergelaufene Schleimscheisser, der das Werk Buchheims heute bemängelt.

    Ihr solltet bitte beide Bücher lesen, der sehr gute Film ist leider nur ein sehr kleiner Teil seiner Erinnerungen, die "Spitze des Eisberges".

    Ich mochte den Mann sehr, so sehr unbequem er auch war, er ist nicht vergessen.

    Gruß


    Michel

  • Wahre Worte !  8)

  • Hallo Jens,

    mit Badesalz, dieser engagierten Mannschaft und dem pfiffigen Kapitän wäre jedes U-Boot heil nach Hause gekommen. :D


    Viele Grüße

    Katrin