Verhältnis der Wehrmacht/SS/Polizei zur Landbevölkerung an der Ostfront

  • Hallo zusammen,

    ich hatte das genannte Buch zur 2. Panzer-Division schon vor Jahren gelesen und dachte bisher auch, der Politiker Franz Josef Strauß wäre der Autor.
    So leicht kann man sich täuschen.
    Hier vielleicht noch zur Ergänzung der ausführlichste Link zur Wehrmachtslaufbahn des Politikers F.J. Strauß,
    Auszug:

    Quote

    Im Februar 1941 unterstellte man seine Batterie der Heeresflak-Abteilung 277, die in Kronach in Oberfranken zusammengestellt worden war und nach Abschluss der Aufstellung in Polen zum Einsatz kam. Nach der Ablegung des Zweiten Staatsexamens am 1. April 1941 wurde er am 14. April erneut einberufen und nahm ab Juni am Russlandfeldzug teil. Sein Truppenteil kam nacheinander in den Räumen Przemysl, Lemberg, Kirowograd, Krementschug und Dnjepr zum Einsatz.

    Von September 1941 bis Februar 1942 absolvierte er einen Offiziersanwärterlehrgang in Altendamm bei Stettin. Am 15. Februar des gleichen Jahres erfolgte die Beförderung zum Wachtmeister und Leutnant. Im Rahmen der weiteren militärischen Laufbahn gehörte Franz Josef Strauß der Heeresflakartillerieabteilung 279 in Gotha an, aus der im März 1942 die Heeresflakabteilung 289 neu aufgestellt wurde. Diese Abteilung wurde dann am 28. April von Gotha nach Russland verlegt und in der Ukraine, auf der Krim sowie vor Stalingrad eingesetzt, wo sich Franz Josef Strauß beide Füße erfror. Nachdem er zwischen Januar und Mai 1943 an der Feldflak Artillerieschule XII in Stolpmünde einen weiteren Lehrgang absolviert hatte, wurde er als Ausbildungsoffizier und Abteilungsadjudant an die Flakschule IV in Altenstadt bei Schongau abkommandiert.
    [...]
    http://www.fjs.de/privates/soldat.html

    Damit komme ich zur eigentlichen Quellenkritik des von UdoRudi eingestellten Dokuments.
    "Die Quellenkritik versucht festzustellen, wer eine Geschichtsquelle hergestellt hat und mit welcher Motivation. Damit ist sie eine zentrale Aufgabe von Historikern."
    https://de.wikipedia.org/wiki/Quellenkritik

    Der Autor F. J. Strauß hat in seinem Buch einleitend folgende Vermutung geäußert:

    Quote

    "Nach langen Monaten Aufenthalt unter primitiven Umständen in Rußland und langen Monaten Urlaubssperre konnten etwa im Juni 1942 endlich die ersten Soldaten in Urlaub fahren.

    Irgendein Spaßvogel (sic!) brachte folgendes Merkblatt für Fronturlauber heraus:
    "Urlauber der Ostfront, bedenke, daß Du in ein Land kommst, dessen faschistische Lebensverhältnisse wesentlich von denen abweichen, die Du aus der UdSSR gewohnt bist.
    [...]""
    (Franz Josef Strauß, Die Geschichte der 2. (Wiener) Panzer-Division, Eggolsheim o.J., S. 127.)

    Ich habe selbst eine Version dieses sogenannten "Merkblatts", mit vielen Tippfehlern, wahrscheinlich die billige Kopie einer Abschrift, weil das Papier hauchdünn ist.
    Am Ende steht der Hinweis, dass es sich um eine Übernahme "Aus der Frontzeitung "Die Wolgafront" handelt. Also kein offizielles Merkblatt für Fronturlauber.

    Das verantwortliche Höhere Kommando XXXIV gehörte wohl laut Lexikon der Wehrmacht 1941 zur 2. Armee (Südflügel der Heeresgruppe Mitte), ab Ende Januar 1942 zur 2. Panzerarmee.
    Und die 2. Panzer-Division gehörte im fraglichen Zeitraum zur 3. Panzerarmee (Nordflügel der Heeresgruppe Mitte)

    Die 2. Panzer-Division lag also gar nicht im Einzugsbereich dieser Propaganda- und Soldatenzeitung, wenn man sich die Urheberschaft im Bundesarchiv ansieht:

    Die Wolgafront.- Nachrichtenblatt eines Armeekorps an der Ostfront
    Archivaliensignatur:
    BArch, RH 24-34/77
    ...
    Kontext:
    XXXIV. Höheres Kommando z.b.V. / XXXIV. Armeekorps z.b.V. >> RH 24-34 Höheres Kommando z.b.V. XXXIV / XXXIV. Armeekorps z.b.V. >> Abteilung Ic (Feindaufklärung und Abwehr, geistige Betreuung)
    Laufzeit:
    Nov. 1941

    Enthältvermerke:
    Enthält:
    Jg. 1941: Folge 1, 3
    Provenienz:
    XXXIV. Höheres Kommando z.b.V. (XXXIV. Höh. Kdo. z.b.V.), 1939-1941
    Archivalientyp:
    Schriftgut
    ...
    Bestand:
    BArch, RH 24-34 XXXIV. Höheres Kommando z.b.V. / XXXIV. Armeekorps z.b.V.

    Quelle:
    https://www.deutsche-digitale-bibliothek.de/item/REFAMGQ2Z…hit&hitNumber=3

    Ich denke entscheidend ist der Hinweis auf die verantwortliche Abteilung:
    "Abteilung Ic (Feindaufklärung und Abwehr, geistige Betreuung)"

    Nach meiner Kenntnis waren viele Offiziere in den Ic-Abteilungen eingefleischte Nazis (mit Parteibuch) oder mussten zumindest "ideologisch gefestigt" im Sinne des NS-Regimes sein.

    Vermutlich haben dann später andere "Etappenhengste" in den übrigen Frontgebieten diese satirische Abrechnung mit der "Winterschlacht im Osten" abgeschrieben/kopiert.
    In manchen höheren Stäben hatte man wohl oftmals geradezu Langeweile.

    In UdoRudis Version steht dazu passend ganz unten der Vermerk der Kartenstelle 83/523. Die hatten wohl auch öfters Langeweile in der Etappe...
    Hier im Forum wurden verschiedene Kartenstellen einmal thematisiert:
    Link:
    Kartenstellen

    ------------------------------------------------------
    Die Quellenkritik hat in diesem Fall also ergeben, dass eine Propaganda-Abteilung das "Merkblatt für Fronturlauber" für eine Frontzeitung hergestellt hat.
    F. J. Strauß zufolge nach monatelanger Urlaubssperre im Frühjahr 1942 und nachdem dieselben Zeitungsschreiber den "Feldzug im Osten" bereits im Herbst des Vorjahres für "siegreich beendet" erklärt hatten. So wie übrigens die NS-Presse im Heimatkriegsgebiet die Bevölkerung laufend schamlos belogen hatte.

    "Nach langen Monaten Aufenthalt unter primitiven Umständen in Rußland und langen Monaten Urlaubssperre konnten etwa im Juni 1942 endlich die ersten Soldaten in Urlaub fahren." (F.J. Strauß)
    Welche Motivation der Verfasser des satirischen Propagandaprodukts dabei hatte, muss man vielleicht noch genauer untersuchen.

    Gruß
    Bodo

    Schriftgröße auf normal gebracht, Diana

    „Was wir im deutschen Widerstand während des Krieges nicht wirklich begreifen wollten, haben wir nachträglich vollends gelernt: Daß der Krieg schließlich nicht gegen Hitler, sondern gegen Deutschland geführt wurde.“ (Eugen Gerstenmaier)

    Edited once, last by Bodo Franks (April 24, 2016 at 4:19 AM).

  • Hallo Bodo,
    hallo zusammen,

    vielen Dank für die ausfühliche Klarstellung bzw. berechtigte Rüge. Daran erkennt man wieder, welchen Schaden man mit einem einzigen halbgarem Fundstück anrichten kann.
    Und wie die Fehlinterpretationen ihren Lauf nehmen.

    Der renommierte Historiker Jens Ebert, führende Kapazität zur Feldpostforschung des letzten Krieges, nennt diese Vorgehensweise dann auch verächtlich "Infotainment",
    in einem seiner Aufsätze:

    Quote

    ...Doch solcherart Instrumentalisierung finden wie nicht nur bei den historischen Propagandainszenierungen. Auch in unserer Gegenwart,
    beim zunehmenden Anteil von medialem "Infotainment", jener Mischung aus Unterhaltung, Halbwissen und authentischen Versatzstücken, mit
    meist nur vagen Quellenangaben
    , werden Dokumente wie z.B. Feldpostbriefe funktionalisiert, verkommen zu reinen Illustrationen vorgeprägter Sichtweisen.
    Der bevorstehende Jahrestag wird uns wohl wieder mit solch problematischen Produktionen, z.B. aus den Redaktionsstuben von "ZDF History"
    oder einschlägiger Printmedien beliefern.


    Quelle Feldpostarchiv

    Ergiebige Feldpost scheint mir dann auch der bessere Weg zu sein, dass damalige Besatzungsleben und die Verhältnisse vor Ort zu charakterisieren.
    Wenn Sie ungeschönt und ungeachtet bestehender Zensurängste die Angehörigen erreichten.
    Hier mal eine kleine Auswahl von gut tausend niedergeschriebenen Dialogen eines Soldaten aus dem Jahre 1941.
    Was man seiner eigenen Frau doch wortgetreu so anvertraute:

    Was lernen wir - man kämpfte sich mitunter bei 36° Hitze durch ein fremdes unverständliches Land, erlebt permanent wenig erholsamen Nachtschlaf, und muss sich
    mit der fremden Bevölkerung und den Begebenheiten arrangieren, ja in der Mittagshitze noch als Kriminologe in Sachen Diebstahldelikte tätig sein.
    Dazu dann noch die Verordnung des eigenen Generalfeldmarschalls, doch bitteschön trotz aller sommerlichen Widrigkeiten stets bis zum letzten Knopf verhüllt
    korrekt aufzutreten.

    Zum Dank gibt es dann Jahrzehnte später "Infotainment", bestens garniert mit den schwarzen Schafen unter 13 Millionen.
    Neulich habe ich auch bei so einem "Versatzstück" mitgeboten, ein einzelner Brief ist aber nich für 400€ zu bekommen, siehe Anhang 5*.
    Dieser dürfte dann wohl medial im öffentlich rechtlichen History-Channel präsentiert werden, passend zum 75jährigen Jubiläum in diesem Sommer.

    Gruß
    Udo.


    * Anhang 5 , Quelle ebay

  • Hallo Udo,

    ich habe deinen Beitrag mit den neu eingestellten Bild- und Textdokumenten mit großem Interesse gelesen. Schwierig ist ja immer eine angemessene Kontextualisierung des Quellenmaterials. Manchmal fehlen auch einfach nur Informationen zum Hintergrund der jeweiligen Quelle. Deine Schlussfolgerungen zum neu eingestellten Material finde ich gut nachvollziehbar.

    Hallo Bodo,
    hallo zusammen,

    vielen Dank für die ausfühliche Klarstellung bzw. berechtigte Rüge. Daran erkennt man wieder, welchen Schaden man mit einem einzigen halbgarem Fundstück anrichten kann.
    Und wie die Fehlinterpretationen ihren Lauf nehmen.

    Die Anmerkung "Aus der Frontzeitung "Die Wolgafront"" war für mich ein reiner Zufallsfund. Eigentlich müsste jemand der Vollständigkeit halber versuchen, die Originalzeitung und den Autor ausfindig zu machen. Aber wer hat dafür schon Zeit, Geld und Muße?

    Ich hatte meinen Beitrag neulich nur als Hinweis darauf gedacht, wie schnell man einer vermeintlich seriösen Quelle auf den Leim gehen kann. Ein allzu leichtfertiger Umgang mit deutschen und sowjetischen Quellen scheint heutzutage leider ein verbreitetes Manko auch der professionellen Wehrmachtforschung zu sein.

    Nach meiner Ansicht ist der Satiretext aus der Frontzeitung aus zwei Gründen bei anderen Armeestäben “populär” und zur Kopiervorlage geworden.
    Nicht nur der Frust über häufig jahrelanges Warten auf Heimaturlaub und die ärmlichen Lebensumstände für viele deutsche Soldaten in der Sowjetunion waren wohl der Anlass dafür. Ganz zu schweigen von der ständigen zahlenmäßigen Unterlegenheit an Soldaten und schweren Waffen.
    Der Buchautor Franz Josef Strauß, der Kompaniechef der Panzerjäger-Abteilung 38 war, hatte diese Punkte ebenfalls beschrieben. Es gibt ja auch mehrere böse Satirelieder über das Soldatenleben an der Ostfront.

    Der zweite Grund für die “Kopierlust” des falschen "Merkblatts" durch höhere Stäbe könnte aber die Flut von Merkblättern und Verordnungen sein, die die Wehrmachtsbürokratie ausgab.
    Das könnte manche Soldaten durchaus genervt haben. Besonders die Abwandlung des Begriffs "Achtung, Feind hört mit" in die Formulierung "Vorsicht bei Gesprächen." Auch beim Heimaturlaub in Deutschland.

    Als Beispiel dafür ein Auszug aus einem Merkblatt für Arbeitsurlaub (in der Rüstungsindustrie?), das ein Mitglied des Forums 2007 eingestellt hatte:


    Grüße
    Bodo

    Schriftgröße auf normal gebracht, Diana

    „Was wir im deutschen Widerstand während des Krieges nicht wirklich begreifen wollten, haben wir nachträglich vollends gelernt: Daß der Krieg schließlich nicht gegen Hitler, sondern gegen Deutschland geführt wurde.“ (Eugen Gerstenmaier)

  • Hallo Bodo,

    Ein allzu leichtfertiger Umgang mit deutschen und sowjetischen Quellen scheint heutzutage leider ein verbreitetes Manko auch der professionellen Wehrmachtforschung zu sein.


    die Debatten und die Quellenauswertung sind doch größtenteils viel sachlicher geworden, wenn nicht gerade Abhörprotokolle mit fragwürdigem Inhalt gefunden werden
    oder Welt-Autoren Lust auf markige Artikel haben. Ansonsten muss man mit der deutschen Eigenheitt leben, dass akribisch geforscht wird,
    im Zweifelsfalle auch mal karrierefördernd über das Ziel hinaus. Letztendlich setzt sich die Wahrheit immer durch, agitierende rote Zellen in
    militärhistorischen Instituten wurden erkannt und beseitigt, falsche Zahlenwerke und böswillige Unterstellungen wurden entlarvt, ja sogar
    der erkennbare Vorsatz oder die Fahrlässigkeit in frühen Publikationen wird im Nachhinein nachgewiesen und ohne Schonung erwähnt.

    Im Ausland erwehrt man sich ja des terrierhaften deutschen Forschungsdranges mit dem rigorosen Verschluß von Archivmaterial.
    In den USA lief z.B. 1994 eine 20jährige Sperrfrist für Akten zum Vietnamkrieg und dortige Kriegsverbrechen aus. Das nutzte glatt der
    deutscher Historiker Bernd Greiner für eine umfassende Analyse zu diesem asymmetrischen Krieg mit all seinem Grauen.
    Nach der hochgelobten, aber auch mit verheerender Quintessenz versehenen Buchveröffentlichung wurde das Archiv im Eilverfahren erneut gesperrt,
    diesmal wohl für die Ewigkeit.
    Zu unschön war die detaillierte Rekonstruktion der Gewalt, die allein 600.000 Opfer unter den Zivilisten gefordert hatte.
    Es gibt also noch andere Nationen, in deren Einsatzberichten 11.000 Tote bei nur 300 gefundenen Waffen aufgeführt sind,
    ja welches arg am "Right or wrong, my country"-Image rüttelt.
    Eine erschreckende Leseempfehlung für einen langen dunklen Winter, falls wir sowas noch mal erleben sollten:
    Krieg ohne Fronten. Die USA in Vietnam : von Bernd Greiner

    Und letztendlich muss sich jeder Historiker hier im Lande dem Gegenwind der kritischen Mitbürger stellen,
    resultierend aus vielen Überrumpelungsversuchen in der Vergangenheit. Als vorbildlicher Fall sind hier
    die vielen Leserkommentare zur Wehrmachtsbiografie über Helmut Schmidt zu erwähnen.
    Wenn man es für nötig hält, alle drei Seiten politisch korrekt stumpfsinnige Aussagen a la "..er hätte sehen müssen", "er hätte wissen müssen" unterzubringen,
    dann wird man auch trotz eines guten Dutzend Studientitel von kritischen Mitbürgern gnadenlos abgestraft.
    Schön zu lesen, in den Kommentaren auf der Verlagsseite oder bei Zeit.de:

    Helmut Schmidt und der Scheißkrieg , Sabine Pamperrien -> Leserkommentare


    ich habe deinen Beitrag mit den neu eingestellten Bild- und Textdokumenten mit großem Interesse gelesen.


    Auch ein blindes Huhn findet mal ein fettes Korn. War es bei Willy Peter Reese eher die literarische Verarbeitung des unmenschlichen Krieges,
    ist es bei den Frontbriefen meines Soldaten die minutiös genaue Schilderung aller Erlebnisse mit der Bevölkerung.
    Die sehr eindringlichen Schilderungen im Klartext schreien nahezu nach einer Veröffentlichung für ein breite Öffentlichkeit.
    Wenn die detailgetreue Illustration abgeschlossen ist, kann hoffentlich ein interessanter und vor allem zitierfähiger Antagonist
    in die Front des "Infotainments" geworfen werden, passend zum 75. Jubiläumstag am 22. Juni.

    Ein wirklich ergiebiger Fund, schaut man sich die lückenlose Dokumentation inklusive der Dialoge an,
    unglaublich, was man der eigenen Ehefrau auf dem Postwege anvertraut hat, hier noch einige Auszüge:


    Gruß
    Udo

  • Hallo Udo, hallo zusammen,

    Die sehr eindringlichen Schilderungen im Klartext schreien nahezu nach einer Veröffentlichung für ein breite Öffentlichkeit.


    ... obwohl derartige Buchprojekte bereits zuhauf gefunden werden können, ist doch die Qualität der Bearbeitung und vor allem die Ergiebigkeit der Quelle immer entscheidend. Die Auszüge, welche Udo hier bereits eingestellt hat, sind auf jeden Fall hochinteressant. Auch, wenn die Berichte eines Einzelnen noch nicht die Realität abbilden, ist jedes Sammeln und Veröffentlichen solcher Zeitzeugnisse wichtig, um der Menschheit die "Dummheiten" der Vergangenheit ins Gedächtnis zurückzurufen. Gut wäre es, wenn es möglich wäre, die Feldpostbriefe eines deutschen Soldaten mit denen eines sog. "Feindes" zu verbinden.
    Das Echolot-Projekt von W. Kempowski hat diesen Ansatz erfolgreich umgesetzt. Kempowski beschrieb dieses so: „Wind ist nur am Kornfeld darzustellen, nicht am einzelnen Halm.“

    ist es bei den Frontbriefen meines Soldaten die minutiös genaue Schilderung aller Erlebnisse mit der Bevölkerung.


    Ich schließe daraus, dass es sich um Dein Projekt handelt. Dazu wünsche ich Dir die erforderliche Energie und Konzentration - vom Termindruck sollte man sich nicht beherrschen lassen.

    Gutes Gelingen,

    Joseph

    Suche Informationen zum Füs.Bat. 170 im Zeitraum Juli 1944 und zur 269.I.D im Zeitraum Januar bis März 1945 (Festung Breslau)

    Edited once, last by Joseph O. (May 1, 2016 at 7:31 PM).

  • Hallo Bodo!


    Quote

    Nach meiner Kenntnis waren viele Offiziere in den Ic-Abteilungen eingefleischte Nazis (mit Parteibuch) oder mussten zumindest "ideologisch gefestigt" im Sinne des NS-Regimes sein.

    Worauf fußt diese Annahme?

    Quote

    In manchen höheren Stäben hatte man wohl oftmals geradezu Langeweile. [...] Die hatten wohl auch öfters Langeweile in der Etappe...

    Wie kommst du darauf? Weil die dafür zuständige Stelle derartiges Material angefertigt und verbreitet hat?

    Quote

    Ein allzu leichtfertiger Umgang mit deutschen und sowjetischen Quellen scheint heutzutage leider ein verbreitetes Manko auch der professionellen Wehrmachtforschung zu sein.

    Kannst du das auch belegen?

    MfG

    Whoever saves one life, saves the world entire.
    Talmud Jeruschalmi

    Edited once, last by Rote-Kapelle (May 3, 2016 at 8:16 PM).

  • Hallo zusammen,

    Nach meiner Kenntnis waren viele Offiziere in den Ic-Abteilungen eingefleischte Nazis (mit Parteibuch) oder mussten zumindest "ideologisch gefestigt" im Sinne des NS-Regimes sein.


    ... Mir fällt hierzu spontan ein "Gegenbeweis" ein: Der Ic des Warschauer Stadtkommandanten Stahel zur Zeit des Warschauer Aufstandes, Hauptmann W. Hosenfeld, war der Retter so mancher gefangengenommener AK-Kämpfer. Einer breiteren Öffentlichkeit bekannt geworden ist er durch den Film von R. Polanski, "Der Pianist". Dort wird korrekt geschildert, wie er den bekannten jüdischen Pianisten Władysław Szpilman in einem Versteck durch Lebensmittelgaben vor dem Verhungern bewahrt.

    Beispiele für besondere Linientreue dieser "Ic" sind mir im Augenblick nicht bekannt.

    Gruß,

    Joseph

    Suche Informationen zum Füs.Bat. 170 im Zeitraum Juli 1944 und zur 269.I.D im Zeitraum Januar bis März 1945 (Festung Breslau)

    Edited once, last by Joseph O. (May 3, 2016 at 8:45 PM).

  • Hallo zusammen,


    ... Mir fällt hierzu spontan ein "Gegenbeweis" ein: Der Ic des Warschauer Stadtkommandanten Stahel zur Zeit des Warschauer Aufstandes, Hauptmann W. Hosenfeld, war der Retter so mancher gefangengenommener AK-Kämpfer. Einer breiteren Öffentlichkeit bekannt geworden ist er durch den Film von R. Polanski, "Der Pianist". Dort wird korrekt geschildert, wie er den bekannten jüdischen Pianisten Władysław Szpilman in einem Versteck durch Lebensmittelgaben vor dem Verhungern bewahrt.

    Beispiele für besondere Linientreue dieser "Ic" sind mir im Augenblick nicht bekannt.

    Gruß,

    Joseph

    Hallo zusammen,

    zunächst muss ich sagen, dass ich damals alle Publikationen und TV-Sendungen über das Schicksal Wilm Hosenfelds verfolgt habe.
    Das Buch mit seinen Aufzeichnungen ("Ich versuche jeden zu retten" Das Leben eines deutschen Offiziers in Briefen und Tagebüchern, München 2004, herausgegeben von Thomas Vogel), habe ich schon vor mehr als 10 Jahren gelesen.

    Sein Sohn erzählte damals einer jüdischen Fernsehjournalistin, wie geschockt sein Vater war, nachdem ihm ein wütender Polizist des SS-Sicherheitsdienstes (SD) in Polen mit
    sofortiger Erschießung gedroht hatte. Hosenfeld wollte einen polnischen Jugendlichen retten, der Heu aus Wehrmachtsbeständen gestohlen hatte.
    Der SS-Mann drohte Hauptmann Hosenfeld daraufhin: "Wenn Du nicht sofort verschwindest, stellen wir Dich auch an die Wand".

    Ich kann also persönlich nichts Schlechtes über Wilm Hosenfeld sagen. Seine Darstellung auf Wikipedia ist dementsprechend positiv:
    https://de.wikipedia.org/wiki/Wilm_Hosenfeld

    Ein anderer jüdischer Publizist hatte damals im SPIEGEL allerdings eine regelrecht harsche Kritik zu Hosenfelds Lebensweg veröffentlicht:

    Wenn man Joseph zum Thema "NS-orientierte Ic-Offiziere" im Fall Hosenfeld auch antworten könnte "Ausnahmen bestätigen die Regel" .
    Allerdings kann man auf der Netzseite Hessische Biografie unter Wilm Hosenfeld nachlesen, dass er ab 1.8.1944 nur vorübergehend Dritter Generalstabsoffizier („Ic-Offizier“) bei der Wehrmacht-Kommandantur in Warschau war:

    Hosenfeld war also schon ein "Parteibuchinhaber" der NSDAP, vorher aber auch Mitglied des katholischen Lehrerbundes.
    Nach meiner Einschätzung war er eher ein verspäteter "Märzgefallener" und kein überzeugter Nationalsozialist oder "Hitlersoldat".

    Wikipedia schreibt zu den opportunistischen NSDAP-Beitretern (darunter naturgemäß viele Lehrer wie Hosenfeld):
    "Als nach der Reichstagswahlen im März 1933 hunderttausende Menschen, vorwiegend Beamte und Angestellte, die NSDAP-Mitgliedschaft
    beantragten, wurde 'Märzgefallene' bald ein gängiger Begriff für sie.
    Viele der Antragsteller erhofften sich von der NSDAP-Mitgliedschaft wohl berufliche Vorteile oder befürchteten berufliche Nachteile
    (z.B. Entlassung), wenn sie nicht NSDAP-Mitglied waren.

    https://de.wikipedia.org/wiki/M%C3%A4rzgefallene

    Beispiele für besondere Linientreue dieser "Ic" sind mir im Augenblick nicht bekannt.

    Wirklich nicht? Wer hielt denn von 1941-1944 den Kontakt zu den Massenmördern der SS-Einsatzgruppen und SS-Polizeiverbände? Wer musste jede Hinrichtung von zum Tode Verurteilten in den besetzten Ostgebieten genehmigen?
    Wer kontrollierte Kommandos der berüchtigten Geheimen Feldpolizei der Wehrmacht, mit Personal im wesentlichen rekrutiert aus SS-Polizisten, nach Einschätzung des DDR-Historikers Klaus Gessner "Die Gestapo der Wehrmacht"?

    Ich gebe hier mal ein leicht nachlesbares Beispiel zur Partisanenbekämpfung der 7. Infanteriedivision von Berthold Seewald, Leitender Redakteur Kulturgeschichte bei der Zeitung "DIE WELT":


    Das Grauen des Partisanenkrieges im Osten

    "Bandenunternehmen" verzögerten 1943 die deutsche Großoffensive gegen Kursk. Selbst Elitetruppen wie die 7. Division wurden eingesetzt, um den Widerstand zu brechen. Am Ende gab es über 500.000 Tote.
    [...]

    In einem "Kurzbericht" wird der "ungewohnte Waldkampf" beschrieben: Die Soldaten mussten durch Sümpfe waten und die Nächte in völlig durchnässten Uniformen im Freien verbringen. "Wer in seiner Erinnerung noch romantische Träume an die Indianerbücher mit sich trug, hatte hier Gelegenheit, das wirkliche Waldläuferleben, den Kampf gegen einen hinterlistigen, den Wald und seine Tücken beherrschenden Gegner am eignen Leibe, jeder Romantik entkleidet, zu erleben." Die Soldaten mussten regelrechte "Treiberketten" bilden, mit denen die Urwälder durchkämmt wurden.

    "Erschießen ist der Truppe verboten"

    Was sich hinter derartiger Landserlyrik verbarg, zeigen die erhaltenen Befehle.
    Gefangene Führer und Kommissare waren umgehend an den Ic (den dritten Generalstabsoffizier der Division) zu überführen, der als Feindlageoffizier als Verbindungsmann zu den im Hinterland operierenden Einheiten der SS und anderer Vollstrecker des Vernichtungskriegs fungierte.
    Das galt auch für gefangene Juden und Mitläufer, während Zivilisten, die von den Partisanen "zwangsmobilisiert" worden waren, als Kriegsgefangene zu behandeln waren. Für diese hieß es ausdrücklich: "Das Erschießen von Gefangenen ist der Truppe verboten." Die [an SS-Kommandos] Abgegebenen werden dagegen die nächsten Tage kaum überlebt haben.
    [...]
    http://www.welt.de/geschichte/zwe…s-im-Osten.html


    In der Wikipedia steht außerdem über die Kontakte zwischen den Ic-Offizieren und der GFP (Geheimen Feldpolizei):
    (...)
    Die operativen Einheiten der GFP waren Gruppen mit einer Sollstärke von
    50 Mann, die vor dem Angriff auf die Sowjetunion auf 95 erhöht wurde.
    1939 gab es beim Feldheer 15 Gruppen, 1942/1943 bereits 83, 1944 waren
    es noch 68.

    Die Gruppen wurden durch Feldpolizeibeamte geführt, die ausschließlich aus der Sicherheitspolizei, also aus der
    Gestapo oder der Kriminalpolizei, kamen und zur Wehrmacht abkommandiert waren. Sie führten die Dienstgrade der Sicherheitspolizei.

    Wehrmachtsangehörige, die in die GFP übernommen wurden, behielten ihren militärischen Dienstgrad.

    Die GFP wandte bei der Vernehmung Verdächtiger brutale Methoden wie
    Fußtritte und Schläge mit der Faust, mit Knüppeln, Koppeln,
    Gummischläuchen oder Peitschen an, um Geständnisse zu erzwingen.

    Exekutionen wurden zunächst beim Ic-Offizier des zuständigen Armeeoberkommandos der
    Wehrmacht beantragt und nach der meist unmittelbar darauf erfolgten Bestätigung durch Genickschuss oder Schuss in den Rücken vollzogen.

    Das Ausmaß der Verbrechen der Geheimen Feldpolizei auf sowjetischem
    Territorium ist statistisch bisher nicht untersucht.
    Am 10. April 1943
    gab der Heeresfeldpolizeichef einen Überblick heraus, in dem er feststellte, dass wegen „Bandenbetätigung und -begünstigung, Spionage
    und Sabotage […] von der GFP in der Zeit vom 1. Juli 1942 bis zum 31. März 1943 rund 21.000 Personen, teils im Kampf und teils nach
    Vernehmung, erschossen worden [sind].“[2]
    (...)
    https://de.wikipedia.org/wiki/Geheime_F…zei_(Wehrmacht)

    Gruß
    Bodo

    Schriftgröße auf normal gebracht, Diana

    „Was wir im deutschen Widerstand während des Krieges nicht wirklich begreifen wollten, haben wir nachträglich vollends gelernt: Daß der Krieg schließlich nicht gegen Hitler, sondern gegen Deutschland geführt wurde.“ (Eugen Gerstenmaier)

  • Hallo Joseph,

    Auch, wenn die Berichte eines Einzelnen noch nicht die Realität abbilden,


    Selbstverständlich ist in der Pädagogik und der Forschung immer der eine Böse den hundert Anständigen vorzuziehen.
    Aufgrund meines knappen Budgets konnte ich mich nur auf Tagebücher zweiter Wahl konzentrieren. Mein Soldat ist daher
    auch in keinster Weise repräsentativ, zwei oder drei von hundert Anderen werden sich möglicherweise stark abweichend verhalten haben.


    ist jedes Sammeln und Veröffentlichen solcher Zeitzeugnisse wichtig, um der Menschheit die "Dummheiten" der Vergangenheit ins Gedächtnis zurückzurufen


    Kriege sind so alt wie die Menschheit selbst, diese Erkenntnis sollte man als unabwendbares Schicksal einfach mal hinnehmen,
    auch wenn man selber aufgrund einiger selbsterlebter friedfertigen Jahrzehnte zu selbstherrlichen Thesen verleitet wird.
    Die Gnade und das eigene friedfertige Leben am gefüllten Honigtopfe, das man dank gegenüberstehenden Machtblöcken gehätschelt auskosten durfte,
    wird keine Ewigkeit Bestand haben.



    Ich schließe daraus, dass es sich um Dein Projekt handelt. Dazu wünsche ich Dir die erforderliche Energie und Konzentration - vom Termindruck sollte man sich nicht beherrschen lassen.

    Gutes Gelingen,

    Ich suche ja noch händeringend nach einem verantwortungsbewußten Ausstellungsführer im norddeutschen Raum,
    der die Schulklassen durch die illustrierten Frontbriefe dieses anständigen Soldaten führt.
    Der die Schüler auch mal im Kommissarausweis blättern lässt.
    Da alle Einträge selbsterklärend sind, fällt auch kaum aufklärende Arbeit an. Zeit und Interesse ?

    Gruß
    Udo

  • Hallo zusammen,

    zu diesem Thema sollte man auch stets bedenken ,dass mit den zunehmenden Partisanenaktionen auch das Verhaeltnis der Wehrmacht/SS/Polizei zur Landbevoelkerung im Osten negativ beeinflusst wurde und somit auch das Misstrauen wuchs.

    Im Merkblatt 69/2 "Bandenbekaempfung" vom 6.5.1944 wird zur Behandlung der Bevoelkerung beispielsweise folgendes geschrieben:

    ,,Die Beziehungen der Truppe zur Bevoelkerung sollen niemals das dienstlich notwendige Mass ueberschreiten.So erwuenscht es ist,dass die Bevoelkerung Vertrauen zur Truppe bekommt,so wichtig ist es,dass die Achtung vor der Truppe erhalten bleibt.
    Zutraulichkeit der Bevoelkerung ist oft nur ein Versuch,Nachrichten zu gewinnen und die Wachsamkeit einzuschlaefern.Verbaende die zu enge Verbindungen mit der Bevoelkerung haben und dadurch die allgemeine Sicherheit gefaehrden,sind auszutauschen."


    Gruss Chris

  • Hallo Chris,

    deine Anmerkung bezieht sich doch wohl auf Merkblatt 69/1 oder anderweitige brachiale Weisungen aus vorherigen Jahren?
    Merkblatt 69/2 "Bandenbekämpfung" muss man mit seinem Inhalt eindeutig als Eingeständnis einer verfehlten Vorgehensweise interpretieren.
    Die nach über 2 Jahren Erfahrung aufgesetzte Version ist sehr moderat gehalten und wurde nahezu 1:1 von vielen westlichen Streitkräften für den Eigenbedarf
    übernommen.

    Liegen Dir die 130 Seiten vor oder hattest Du einen Download-Link ?
    Dann hätten Dir die vielen einsichtigen Passagen doch auffallen müssen:

    Quote

    ...Die Haltung der Bevölkerung ist bei der Bandenbekämpfung von großer Bedeutung. Inmitten einer Bevölkerung,
    die in einem guten Verhältnis zu uns steht, vermögen Banden sich auf Dauer nicht zu halten.
    Die Verwaltung muß durch gerechte Behandlung, durch planmäßige und tatlkräftige Wirtschaft sowie gründliche
    und zweckentsprechende Aufklärung...

    Was Du zitiert hast - das scheint mir eher ein weltweiter allgemeingültiger Standard für Wachsamkeit zu sein. Brave Soldaten, die sich gehen lassen
    und in der Ferne fast wie zu Hause aufführen, das will ernsthaft keine Armee. Es sei denn, der Einsatz beschränkt sich
    vollkommen unmilitärisch nur auf das Bohren von Brunnen.


    Gruß
    Udo

  • Hallo Udo,

    meine Anmerkung bezog sich generell auf die von der Wehrmacht mit Partisanen gemachten Erfahrungen und den beiden veroeffentlichten Merkblaettern 69/1 und 69/2.

    Liegen Dir die 130 Seiten vor


    ja,das Merkblatt 69/2 "Bandenbekämpfung" liegt mir vor .Es enthaelt aber nur 74 Seiten zuzueglich 8 Seiten Anlagen.
    Woher stammt denn die Information das dieses Merkblatt 130 Seiten enthaelt?

    Merkblatt 69/2 "Bandenbekämpfung" muss man mit seinem Inhalt eindeutig als Eingeständnis einer verfehlten Vorgehensweise interpretieren.


    Vielmehr wird in diesem Merkblatt mehrfach eine erhoehte Wachsamkeit der Truppe gefordert da aufgrund gewisser Nachlaessigkeiten unnoetige Verluste eingetreten waren.
    Dementsprechend wurde auch zusaetzlich auf eine spezielle Wachsamkeit gegenueber der Bevoelkerung hingewiesen.

    Dann hätten Dir die vielen einsichtigen Passagen doch auffallen müssen:

    ...Die Haltung der Bevölkerung ist bei der Bandenbekämpfung von großer Bedeutung. Inmitten einer Bevölkerung,
    die in einem guten Verhältnis zu uns steht, vermögen Banden sich auf Dauer nicht zu halten.
    Die Verwaltung muß durch gerechte Behandlung, durch planmäßige und tatlkräftige Wirtschaft sowie gründliche
    und zweckentsprechende Aufklärung...

    Wenn du schon ein solche Passge zitierst solltest du diese auch komplett einstellen und nicht aus den Kontext reissen.

    Vollstaendig heisst es dort naemlich : ,,...Neben anderem lassen auch die Ablieferungsleistungen Schluesse auf die Einstellung der Bevoelkerung zu.Die La-Fuehrer sind hierzu zu hoeren.Die Verwaltung muß durch gerechte Behandlung, durch planmäßige und tatlkräftige Wirtschaft sowie gründliche und zweckentsprechende Aufklärung dafuer sorgen ,dass die Bevoelkerung in das richtige Verhaeltnis zu uns kommt."
    Das Ziel betand doch darin die Zivilbevoelkerung auf die Deutsche Seite zu ziehen.

    Bereits im Merkblatt 69/1 "Kampfanweisung für die Bandenbekämpfung im Osten" vom 11.11.1942 wird zudem schon die Wichtigkeit eines positiven Verhaeltnises zwischen Landbevoelkerung und Wehrmacht ausfuehrlich beschrieben.


    Gruss Chris

  • Hallo zusammen,

    ...Die Haltung der Bevölkerung ist bei der Bandenbekämpfung von großer Bedeutung. Inmitten einer Bevölkerung, die in einem guten Verhältnis zu uns steht, vermögen Banden sich auf Dauer nicht zu halten.


    ... ich erlaube mir mal angesichts einer riesigen Partisanenbewegung im Osten (mehrere Hundertausend) den Umkehrschluss: Es bestand also überwiegend kein "gutes Verhältnis"...

    Offensichtlich ist diese Anweisung auf der Latrine gelandet und das Papier nicht wert, auf dem es gedruckt wurde. Durch dieses Papier wurde die Realität keinesfalls abgebildet.

    Der Historiker H.-H. Nolte hat das Grundproblem der deutschen "Politik" im Osten während des WW2 so zusammengefasst:

    "...Meine These ist also,
    dass es 1941 in den besetzten Gebieten innerhalb der sowjetischen Gesellschaft
    zu einer Erneuerung der politischen Auseinandersetzung zwischen „rechts“
    und „links“ kam. Die deutsche Historiographie hatte in einer
    vom Kalten Krieg bestimmten Phase kein Interesse daran, das deutlich zu
    machen, da deutsche Verbände antikommunistische Verbündete oder
    Mitläufer im Stich gelassen, also nicht nach der Logik des Antikommunismus,
    sondern nach eigenen nationalistischen Konzepten gehandelt haben. Die
    sowjetische Historiographie hatte kein Interesse daran deutlich zu machen,
    dass es 1941, 24 Jahre nach der Oktoberrevolution, einen massiven innenpolitischen
    Widerstand gab. Die belorussische Nationalbewegung hatte kein Interesse
    an dieser Geschichte, weil sie die Bundesgenossenschaft mit dem Nationalsozialismus
    und den damit zusammen gehenden Antisemitismus in den eigenen Reihen nicht
    herausheben wollte. Da niemand an diese Gruppen erinnert werden wollte,
    konnte die Rolle von endogenen antisemitischen, nationalistischen Gruppierungen
    leicht übersehen werden. ..."
    (Zitat aus
    Klick)


    Gruß,

    Joseph

    Suche Informationen zum Füs.Bat. 170 im Zeitraum Juli 1944 und zur 269.I.D im Zeitraum Januar bis März 1945 (Festung Breslau)

    Edited 3 times, last by Joseph O. (May 30, 2016 at 8:36 AM).

  • Hallo zusammen,

    ja,das Merkblatt 69/2 "Bandenbekämpfung" liegt mir vor .Es enthaelt aber nur 74 Seiten zuzueglich 8 Seiten Anlagen.


    meine Zahl "130 Seiten" war nur wage aus dem Gedächtnis genannt. Warum stellst Du so ein interessantes Dokument nicht vollständig im FdW ein,
    entsprechende Threads mit der Bitte um "Fütterung" bestehen doch?


    ... ich erlaube mir mal angesichts einer riesigen Partisanenbewegung im Osten (mehrere Hundertausend) den Umkehrschluss: Es bestand also überwiegend kein "gutes Verhältnis"...

    Offensichtlich ist diese Anweisung auf der Latrine gelandet und das Papier nicht wert, auf dem es gedruckt wurde. Durch dieses Papier wurde die Realität keinesfalls abgebildet.


    Selbstverständlich sind alle Weisungen, Befehle und Anordnungen nur eine grobe Annäherung an das reale Geschehen.
    User Denys hatte das bereits beim sogenannte Reichenaubefehl und dessen Verteilung sehr schön hinterfragt, Beitrag hier:
    Verhältnis der Wehrmacht/SS/Polizei zur Landbevölkerung an der Ostfront
    Wo man per se durch einen asymmetrischen Krieg das "Tor zur Hölle" öffnete, in einem durch fremde Härte bzw. Widerstand gekennzeichneten Vielvölkerstaat
    zusätzlich die Büchse der Pandora öffnete, indem einzelne Nationalbewegungen aufblühen und man sich untereinander bekämpft.
    Selbst der zuvorige Bürgerkrieg hat als Endresultat dem Land mal schnell 8 Millionen Opfer beschert, und das ziviliserte Miteinander
    hat unvorstellbare Schäden genommen.
    Von Stalin selber stammt ja die Aussage, "wenn im Kampf für die richtige Sache nur 51% der Bevölkerung übrig bleiben, dann hat sich das Opfer gelohnt.".
    Den genauen Wortlaut müsste ich jetzt in Baberowskis Werk "Verbrannte Erde" nachlesen, die Erwähnung aber zum weiteren Verständnis.

    Aber zurück zur Realität, wie wird man dieser gerecht, bei über 21.000 (!) Partisaneneinsätzen, wobei von diesen in 50% der Fälle gerade eben nur der Name bekannt ist
    und nicht mal Unterlagen existieren ?
    Das zwingt geradezu, den typisch deutschen Selbsthass mit Schnappatmung abzulegen und die gelassene Bescheidenheit von Cambridge-Professoren an den Tag zu legen.
    Die fangen keinesfalls damit an, das Vorgehen von einer zweifelhaften Kavalleriebrigade in den Pripjet-Sümpfen als den verbindlichen Maßstab für die restlichen 1000 x 2800 Kilometer zu nehmen.
    Bei den ungeheuerlichen Superlativen scheint mir das der bessere Weg zu sein, als eine permanente Dauerberieselung mit den "Highlights" der Bekämpfung.

    Seltsamerweise scheint Russland und die Ukraine heutzutage der einzige Ort auf Erden zu sein, wo noch Terroristen und Banden ihr Unwesen treiben.
    Auf dem restlichen Planeten agieren nur freundliche und gemäßigte "Rebellen", bei Zeiten muss mir mal jemand den Unterscheid bzw. Grund erklären.


    Vielleicht sollte man in diesem Fall auch mal das Statement eines seriösen Sachverständigen beachten, der im offiziellen Bulletin des Fritz Bauer Institus
    Auskunft über den Stand der Dinge gibt Dieter Pohl:

    Quelle: Einsicht 06
    Bulletin des Fritz Bauer Instituts
    Titelthema: Vernichtungskrieg
    70. Jahrestag des deutschen Überfalls auf die Sowjetunion
    Seite 16, Dieter Pohl
    PDF - Download


    Gut wäre es, wenn es möglich wäre, die Feldpostbriefe eines deutschen Soldaten mit denen eines sog. "Feindes" zu verbinden.


    Selbstverständlich wäre das die "Krönung" an historischer Erinnerung und stünde dem wackeren Kampf eines deutschen Soldaten in nichts nach.
    An "Materialien" mangelt es wohl nicht, aber das Lesen fremder Sprachen bringt man sich dann doch frühestens mit Beginn des Lebendabends bei...


    Gruß
    Udo

  • Hallo Udo ,

    Warum stellst Du so ein interessantes Dokument nicht vollständig im FdW ein

    sehr gerne kann ich ein paar Auszuege posten, allerdings werde ich das komplette Merkblattt hier nicht einstellen.

    Deine Aussagen sind allerdings doch etwas wiederspruechlich.
    Wie kannst du denn etwas aus diesem Merkblatt zitieren wenn es dir selbst nicht vorliegt?

    Ebenso hattest du auch erwaehnt das es viele "einsichtige" Passagen in diesem Merkblatt gab.
    Welche Passagen meinst du denn dort genau?


    Gruss Chris

  • Hallo Chris,
    hallo zusammen,

    sehr gerne kann ich ein paar Auszuege posten, allerdings werde ich das komplette Merkblattt hier nicht einstellen.


    das ist schade, liegen da etwa Copyrightbestimmungen vor ?

    Deine Aussagen sind allerdings doch etwas wiederspruechlich.
    Wie kannst du denn etwas aus diesem Merkblatt zitieren wenn es dir selbst nicht vorliegt?

    Ebenso hattest du auch erwaehnt das es viele "einsichtige" Passagen in diesem Merkblatt gab.
    Welche Passagen meinst du denn dort genau?


    Es gibt diverse Literatur zum Thema, die sich mit dem Partisanenkampf und dazu noch mit
    Vergleichen der Bekämpfung beschäftigt haben (1944 Ostfront/Italien/Frankreich) .
    Ich wollte jetzt nicht ein Dutzend Quellenangaben tätigen, o.g. Fragment war nur ein Beispiel
    für den moderaten Grundtenor.
    Der Vergleich zeigt z.B. auf, dass 44 im Osten die Gefangennahme von Banditen / Überläufern empfohlen wurde,
    während zur gleichen Zeit an der Westfront die Empfehlung war, rigoros alles "umzulegen", was nach Résistance aussah.

    Gruß
    Udo

  • Hallo Udo, hallo zusammen,

    Aber zurück zur Realität, wie wird man dieser gerecht, bei über 21.000 (!) Partisaneneinsätzen, wobei von diesen in 50% der Fälle gerade eben nur der Name bekannt ist
    und nicht mal Unterlagen existieren ?
    Das zwingt geradezu, den typisch deutschen Selbsthass mit Schnappatmung abzulegen und die gelassene Bescheidenheit von Cambridge-Professoren an den Tag zu legen.

    Ohne "Selbsthass": Ich warte immer noch auf eine Erklärung für die 15 +/- 3 Millionen (Man verzeihe mir diese generalisierte Angabe der Zahlen!) Ziviltoten während des WW2 in der Sowjetunion, welche doch eigentlich nicht das Resultat eines guten Verhältnisses zur Bevölkerung oder irgendwelcher Papiere mit Verhaltensregeln sein können. Ob hier die "Bescheidenheit" von gewissen Cambridge-Profs hilft, wage ich zu bezweifeln.

    Gute Nacht,

    Joseph

    Suche Informationen zum Füs.Bat. 170 im Zeitraum Juli 1944 und zur 269.I.D im Zeitraum Januar bis März 1945 (Festung Breslau)

  • Hallo Udo,

    natürlich liegen keine Copyrightbestimmungen vor.
    Allerdings möchte ich hier keine kompletten Vorschriften einstellen die ich über die Jahre selbst aus eigenen Mitteln beschaffen habe.


    Gruss Chris

  • Hallo Joseph,
    hallo zusammen,

    Ohne "Selbsthass": Ich warte immer noch auf eine Erklärung für die 15 +/- 3 Millionen (Man verzeihe mir diese generalisierte Angabe der Zahlen!) Ziviltoten während des WW2 in der Sowjetunion, welche doch eigentlich nicht das Resultat eines guten Verhältnisses zur Bevölkerung oder irgendwelcher Papiere mit Verhaltensregeln sein können. Ob hier die "Bescheidenheit" von gewissen Cambridge-Profs hilft, wage ich zu bezweifeln.

    ob ich dem Glauben schenken soll, dem angeblich fehlenden Selbsthass ?
    Allzuoft ergötzt es Dich doch, wenn wieder eine "typisch deutsche Herrenmenschensauerei" als Aktenfund auftaucht und triumphierend zählt jede Ghetto-Rosine
    als Joker im Ärmel.

    Es scheint mir eher deine militant pazifistische Sichtweise zu sein, die den ganzen Krieg völlig distanziert auf reine Massenerschießungen
    bzw. allgemeingültige Ghetto-Gewalttätigkeiten degradieren will. Jeder Blickwinkel auf einen unbarmhezig geführten Krieg mit militärischen Ereignissen
    geht dadurch unweigerlich verloren.
    Jedes moderate oder freundliche Bildmotiv wird flugs als aus der Westukraine stammendes Begrüßungsbild des Jahres 1941 deklariert und wehe dem,
    der sich blasphemisch anmaßt, auch nur einen Todesfall jenseits der Frontlinie zu erwähnen. Der es wagt, auch nur ein durch russische Granaten
    abgebranntes Dorf zu erwähnen. Der sich herausnimmt, auf zwei am Kampf beteiligte Parteien hinzuweisen, jede mit ihren Eigenheiten und verzeifeltem Überlebenskampf.
    Ein Professor Richard Overy bittet in diesem Falle nicht um Bescheidenheit, er mahnt diese berechtigterweise an, angesichts der gewaltigen Größe
    und des erbittert geführten Kampfes. Und für dich ist bereits das Erwähnen von einer Handvoll Russlanddeutschen, die in der Gesamtbilanz der Opfer sicherlich
    nur einen geringfügigen Prozentwert ausmachen, ein Grund für hysterische Entrüstung ?

    Dann geht es Dir überhaupt nicht um eine bescheidene Gesamtbetrachtung ohne zwingend erforderliche Bilanzierung, die ja zwingend auch ein gewisses Verständnis
    für Land, der russischen Geschichte und Seele erfordert. Die immerwährende Tragödie eines ganzen Volkes, der unvorstellbar teuer mit Blut erkaufte Sieg gehört einfach mit
    in die Betrachtung. Der kleine Wink mit dem Zaunpfahl - der Hinweis auf den russischen Bürgerkrieg mit mal eben schnell 2 Millionen toten Kämpfern und unglaublichen 8 Millionen Ziviltoten
    wird dann auch bewußt ignoriert. Eine kleine Tragödie war doch vor Kurzem noch politisch ausgeschlachtet worden, bei dem sonst strikt unpolitischem Eurovision Song Contest.
    Oder ist das wieder eine Frechheit von mir, damit die Hunderttausenden Krim-Tataren angesprochen zu haben, obwohl ein weiterer von vielen geringfügigen Prozentwerten?
    Erwähntes Du nicht auch die unterschiedlichen Volksgruppen mit ihren Befindlichkeiten und der erforderlichen Härte, diese in Reihe und Glied zu bringen?
    Von wieviel unterschiedliche Völkergruppen sprechen wir überhaupt - 20, 30, 150 und wie beherrschte man in russischer Manier, diese zu zähmen ?
    Wie hoch der Anteil derer davon auf deutscher Seite kämpfend ?
    Du fragst nach Kreuzigungen, wo man durch zwei Klicks im Netz an entsprechende zeitgeschichtlichen Aufnahmen kommt, nur leider nicht von den gewünschten Deutschen in Wilna.
    Eher ein Fall für den gefeierten ukrainischen Nationalheld Stepan Bandera, das ist der Vorfahre derer - wo die Tagesschau in aktuellen Reportagen immer versucht, die belasteten Runen
    auf den Helmen zu verdecken. Zu peinlich, angesichts der zurückliegenden deutschen Geschichte. Aber diesmal wollen oder müssen wir aus geopolitischen Interessen wohl zu ihnen halten.
    Damals im Freiheitskampf im Stich gelassen, zählt jetzt die Devise "They are bastards, but they are our bastards"?
    Du fragst dich, ob man eine Zunge annageln kann, dabei kursieren im Netz amtliche Listen mit 150 Folter- und Todesarten, wo solche Lapalien
    nicht mal berücksichtigt werden können. Andere Länder und Kulturen, andere Sitten - jenseits der Karpaten gelten andere Gesetze bei ethnischen Konflikten
    und dem Austragen von Scharmützeln. Man verwendet in der Geschichtsschreibung doch nicht umsonst Euphemismen wie "die Büchse der Pandora öffnen",
    um Unbeschreibliches noch zu betitlen.

    Was ich damit sagen will, dass wir es mit einem ungeheuerlichen Krieg zu tun haben, der erstmalig seit Menschengedenken Historiker
    dazu genötigt hat, einen mehrsprachigen Literaturführer* herauszugeben. Ein Leitfaden für Geschichtswissenschaftler und historisch Interessierte,
    um sich nicht im Dschungel der 30.000 weltweiten Publikation zu verlieren. Das man trotzdem erst wenige Flecken / Aspekte genau untersucht hat,
    teilweise jenseits des Flusses Bug nur die Gewaltstrukturen bekannt sind, hatte ich oben bereits erwähnt.
    Natürlich kann man in deutschen Fernsehdokumentation über ein Dorf X nur die deutschen Vergehen mit den 20 Getöteten und 3000 nach Deutschland
    verschleppten Einwohnern vorführen. Die Tage vor dem Einsatz in Dorf X sind dann wohlbehütet versteckt in der Literatur zu finden, mit 50 von Partisanen getöteten
    "Kollaborateuren" und 70 verschleppten Kühen. Gegen die einseitige Darstellung habe ich ja nichts, das sollte dann aber nicht zu Übermut und linker Hybris verleiten.

    Ich muss Dir leider unterstellen, keinen Respekt vor gigantischen Dimensionen und Zahlen zu besitzen, dass es Dir eventuell nur um Gehässigkeit
    jenseits der "In dubio pro reo"-Anständigkeit geht. Sozusagen ein Niederbrennen tiefergehender Erkenntnisse, so wie spätmittelalterlich
    die Gotteslästerung und die runde Weltkugel bekämpft wurde. Dabei solltest gerade Du als Kaufmann alle Tricks und Gemeinheiten bei Bilanzfälschungen
    kennen, egal ob Geldbeträge oder Menschenleben.
    Auf den jährlichen Armutsbericht unseres Landes fällst du doch auch nicht ohne weiteres herein, Deutschland das reiche Land, dass auf Billionen an Guthaben sitzt,
    wo jeder Bundesbürger "statistisch" 40.000€ auf der hohen Kante hat. Und nur ganz wenige "Verlierer" aus bildungsfernen Schichten ein wenig "abgehängt" wurden.
    Die wahre Geschichte hinter diesem Armutsbericht kennst Du doch, dass dieser Jahr für Jahr ein halbes Dutzend mehr Korrekturschleifen und
    kosmetische Korrekturen braucht, um noch halbwegs erträglich in den Druck gelangen zu können.
    Einige bösartige Zeitgenossen mit Verantwortungsgefühl, früher nannte man sie noch "Verräter", nehmen sich sogar die Frechheit heraus,
    auf das eklatant steigende Mißverhältnis bei der Verteilung hinzuweisen, dass Deutschland gar bei der Ungerechtigkeit mit Siebenmeilenstiefeln in Richtung weltweitem Spitzenplatz eilt.
    Merke - man teilt also niemals leichtfertig eine Gesamtsumme/Gesamtzahl durch alle Krieger/Bürger und erhält alle realen "ProKopf-Erledigten" oder "Uns gehts gut"-Bürger.

    Es macht kaum einen Sinn, hier in irgendeiner Form bestimmte "Bilanzzahlen", anzusprechen, obwohl der Forschung schon eine Menge bekannt sind,
    auch bestimmen Orten und Ereignissen eindeutig zugeordnet werden können (z.B. Leningrad, Bombardierungen Minsk, Brände Minsk, Smolensk, Stalingrad, Juden, Partisanen, Kosaken).
    Ich belasse es darauf hinzuweisen, dass in einem erbitterten Ringen neben dem "Erschlagen werden" und "per Genickschuss in einem Massengrab zu fallen"
    auch viele unblutige Todesarten existieren, nämlich Verhungern, Erfrieren, Verbrennen, Ertrinken, im Schutt ersticken, durch Krankheit oder Seuchen.
    Und betagte Menschen sowie Kinder mit der geringsten Widerstandskraft stehen bei allen aufgeführten Varianten unangefochten an der Spitze.
    Das Zivilisten vor, hinter, mitten in der Front oder beim fernen Zwangsarbeitseinsatz im Reich starben. Es gibt sogar allerhand zivile Opfer, wenn mitten
    in einem Kampf auf Leben und Tod 3/4 der Rüstungsindustrie landeinwärts verschoben und bei -30°C unter schmalen Lebensmittelrationen neu aufgebaut werden müssen.
    Die unvorstellbare Leistung unter schlimmsten Wetterunbillen forderte garantiert einen furchtbaren Preis.
    Bevor jetzt als Antwort direkt der Hinweis kommt, ich möge böse fälschen und die Opferzahlen möglichst einseitig verteilen - nein, dem ist nicht so und dies verbitte ich mir.
    Ich gebe nur Hinweise auf einen geringeren Teil der Bilanz, der aber dennoch zum hohen Blutzoll hinzugehört.
    Heute aus vielerlei Sicht bzw. marketingtechnisch auch oftmals "Kollateralschaden" genannt.

    Und wie der von Dir genannte Historiker Nolte schon angemerkt hat, stecken hinter bestimmten Härten, Verbrechen, Opfergruppen und Nationalitätsbestrebungen
    brisante Zahlenwerke, die man nicht unbedingt hell erleuchtet sehen will, weil hochgradig kompromittierend für alle Beteiligten.
    Ich verlange nicht, dass sich ein deutscher Bundespräsident bei alljährlichen Gedenkreden hinstellt und Sätze wie "ihr habt damals aber auch ganz schön fies rumgehauen" ausspricht.
    Sätze mit "Unermessliches Leid" sind da wohl angesichts der enormen Schuld angebrachter.
    Das sich ehemals verbündete Nationen a la Finnland, Ungarn, Italien und Rumänien ihr unrühmliches Benehmen im großen Hauen und Stechen gnadenlos erforschen.
    Aber hier im Forum sollte zumindest auch mal ein Kosake nach dem 9. Mai 45 gestorben oder hingerichtet sein dürfen, ohne das direkt ein Aufschrei der Empörung erfolgt.

    Es bringt dem FdW keinen Ruhm, hier selbstzerfleischend nach Art der schlimmsten deutschen Zeitungsschlagzeilen argumentieren zu wollen.
    Das würde zwar irgendwann einmal eine Verdienstmedaille vom amtierenden Justizminister einbringen, im vorbildlichen Kampf gegen
    NeuNeuerNeu-Rechts, wären dann aber bittere Silberlinge für das Aufgeben der guten Sitten und Vorwegnahme von Forschungsergebnissen.
    Wie sagte Horst Möller, der ehemalige Direktor des Instituts für Zeitgeschichte (IfZ) in München damals treffend zur Wehrmachtsausstellung,
    es benötigt eine ganze Generation, bis sich die Debatte wieder normalisiert hat. Jetzt, wo es abseits von BILD und NTV-Shows fast soweit ist,
    ist bei Dir die Wehrmacht vollkommen frei zum Abschuß gegeben worden und es kann vollkommen schamlos berechnet werden?

    Oder haben wir uns einfach nur mißverstanden - es geht Dir nur um die Begrifflichkeit "gutes Verhältnis".
    Gutes Verhältnis scheint dann auch die falsche Bezeichnung zu sein, als Kämpfer und Besatzer in einem armen,
    riesigem Feindesland. Dann ist das von User Wolfgang genannte "moderat" der unmißverständlichere Begriff, der nicht ungewollt
    das Leid und die grausame Härte dieses Krieges beschönigt. Dann soll ein "gutes Verhältnis" der Besatzungszeit
    in den germanischen Nordländern vorbehalten sein, mit viel Butter für alle, wenig Kälte und ohne Kampf ums tägliche Überleben.

    Oder willst du einfach nur erzieherisch tätig werden und bist im Grunde kein gemeiner Zeitgenosse?
    Dann muss ich sagen - dein Einwirken findet am falschen Ort und auch viel zu spät statt.
    Was Du der jetzt aussterbenden Opa-Generation unterstellst, gehorsame und allzu eifrige Vollstrecker einer boshaften Clique gewesen zu sein,
    das haben auch wir leider nach guter deutscher Tradition in ähnlicher Art und Weise längst hinbekommen. Dir wird nicht entgangen sein, dass man
    ganz ohne Krieg und nur mit Fleiß, Überstunden und Lohnverzicht ganz Europa auch ohne Blutvergießen erfolgreich niederringen konnte.
    Das man dazu wieder nur eine bestimmte Bevölkerungsgruppe mit einer einfachen sozialdemokratischen Floskel "Wer nicht arbeitet, soll auch nicht essen“
    erfolgreich ausgrenzen musste, dass sich wieder Millionen anständige Deutsche vor dem Rundfunkempfänger amüsieren,
    wenn stolz die enormen Steigerungsraten zu Drangsalierungsmaßnahmen des arbeitsscheuen bzw. "überflüssigen Packs" verkündet werden.
    Warte nur ab, irgendwann müssen auch wir uns in einem anderen Forum dafür rechtfertigen, für unsere Beteiligung und Begeisterung an "unserem Krieg".
    Wie wird dann deine Antwort lauten, "Geschichte wiederholt sich doch immer", "das konnte ja keiner wissen" oder "wir waren so genügsam und fleißig für den Frieden in Europa"?

    Aber ich weiche vom Thema ab und will nicht mit philosophischen Betrachtungen oder überspitzten Parallelen Unruhe stiften.
    Es sei nur noch ein kurzer Bildbeitrag beigefügt. Nicht zum Thema "gutes Verhältnis", sondern tagesaktuell zur Bilanz der zivilen Opfer.
    Die Frau auf dem Bild wird sterben, weil sie unbedingt in das brennende Haus hinein muss. Ein Überleben ohne Pelzmantel
    für Mutter und Kind wäre in den Weiten Russlands nicht möglich. Zurück bleibt ein kleines Mädchen, außerhalb des Bildes stehend,
    was den Krieg dennoch überleben wird und vierzig Jahre davon erzählt. Wie bilanziert man diesen Fall und wie ordnet man das Opfer
    den Ereignissen in ca. 70.000 in Schutt und Asche gelegten Dörfern zu ?
    Motiv zwei erwähnt dahingehend einen "wertlosen Pelzmantel" und die Strafe für dessen Diebstahl. Vom Feldgericht der 4. Panzer-Division
    am 28.09.41 zur Abschreckung bekanntgegeben. Zu der Zeit wusste man wohl noch nicht die Bedeutung eines solchen Mantels einzuschätzen.
    Das kam dann einige Monate später.

    Ich bleibe dabei, Cambridge-Professoren scheinen mir Recht zu haben, mit ihrer schuldfreien, unbefangenen Sichtweise
    unter Berücksichtigung der rauhen Bedingungen und langen russischen Geschichte.


    Gruß
    Udo

    * Hitlers Krieg im Osten 1941 - 1945: Ein Forschungsbericht : Rolf-Dieter Müller

  • Hallo Udo, hallo zusammen,

    Ich belasse es darauf hinzuweisen, dass in einem erbitterten Ringen neben dem "Erschlagen werden" und "per Genickschuss in einem Massengrab zu fallen"
    auch viele unblutige Todesarten existieren, nämlich Verhungern, Erfrieren, Verbrennen, Ertrinken, im Schutt ersticken, durch Krankheit oder Seuchen.


    ... bevor das Ganze hier in persönliche, sinnlose und hier nicht so gerne gesehene aktuelle, politische Disputationen ausartet, noch eine kurze Anmerkung:

    Man darf doch bei all dem nicht vergessen, dass es den Opfern und deren Angehörigen völlig egal sein muss, wie diese Tötungen geschahen. Wenn die NS-Führung bekanntermaßen die riesige Zahl an Gefangenen nicht versorgen konnte bzw. wollte, wenn die WH sich - geplant - aus dem Lande verpflegen musste, dann war der Tod einer riesigen Zahl von Menschen billigend in Kauf genommen. Für den Tod dieser Menschen war zwar primär die NS-Führung verantwortlich, aber die Wehrmacht - als Organisation wohlgemerkt - trifft die gleiche Schuld. Heutzutage nennt man so etwas in juristischen Kreisen "Übernahmeverschulden". Wenn z. B. ein völlig übermüdeter Chirurg nach einem 24-Stunden-Bereitschaftsdienst einen Fehler macht, dann ist nicht (nur) der Organisator dieses Dienstplans "dran", sondern vor allem der Arzt, welcher diesen übernommenen Auftrag eigentlich hätte ablehnen müssen. So die Theorie der Juristen ...

    Dass die vorliegende Konstellation (Vorgeschichte, zahlreiche totalitäre Systeme (auch bei den Bundesgenossen) auf allen Seiten der Fronten, menschenverachtende Ideologien, ein skrupelloser zentraler Gegenspieler namens Stalin, etc.) zu keiner moderaten Kriegsführung beitrug, versteht sich von selbst.

    Was mich persönlich bei all diesen Diskussionen stört, ist die unterschwellige Parallele zu dem furchtbaren Ausspruch von Himmler in seiner Posener Rede: Er sei stolz auf seine Truppe, weil diese bei ihrer schweren Arbeit (Liquidieren von Juden und anderen Opfern) "anständig" geblieben sei. Da kommt mir dann auch eine schreckliche Beschreibung einer Erschießungsszene aus Wilna in den Sinn:

    "Kittel (Anm. d. Verf.: ein SS-Scherge) schlägt niemanden ins Gesicht, er tritt niemanden mit den Füßen; stattdessen vernichtet er seine Opfer auf zynische Weise – ruhig, bedächtig und mit Gefühl. Wenn er selbst Menschen erschießt, bittet er sie höflich darum, sich nicht aufzuregen, nicht nervös zu sein, und während er das sagt, richtet er seine automatische Pistole auf die Köpfe der Unglücklichen und erschießt sie einen nach dem anderen, wie Spatzen, ganz ruhig und ohne jede Verlegenheit." Aussage von S. Dessler (Kommandant der jüdischen Polizei) (http://www.tenhumbergreinhard.de/1933-1945-lage…na-vilnius.html)

    Die weitaus überwiegende Zahl der WH-Angehörigen ist mit Sicherheit auf positivere Art und Weise "anständig" geblieben, was immer das nun heißen mag. Aber die Wehrmacht als Organisation war das Instrument eines verbrecherischen Systems - und das sollte man bei allen Diskussionen nicht vergessen.

    Im Nürnberger Prozess gab der Angeklagte von dem Bach-Zelewski (SS-Obergruppenführer, General der Waffen-SS und der Polizei; Leiter der Partisanenbekämpfungsverbände) zu Protokoll, dass die NS-Führung die Dezimierung der sowjet. Bevölkerung um 30 Millionen durch direkte und indirekte Maßnahmen eingeplant hatte. Hier ein Ausschnitt aus dem Protokoll:

    OBERST POKROWSKI (Sowjet-Anklagevertreter): Sie haben uns gesagt, daß die Deutschen die Absicht hotten, die slawische Bevölkerung zu vernichten und auf 30 Millionen zu reduzieren Wie kamen Sie auf diese Zahl und auf diesen Befehl?
    VON DEM BACH-ZELEWSKI: Ich darf berichtigen, nicht auf 30 Millionen, sondern um 30 Millionen. Diese Zahl hat Himmler während seiner Rede auf der Wewelsburg[1] genannt.
    OBERST POKROWSKI: Bestätigen Sie, daß tatsächlich alle von den deutschen Befehlshabern und der Wehrmacht in den besetzten russischen Gebieten durchgeführten Maßnahmen nur auf den einen Zweck hinzielten, die slawische und jüdische Bevölkerung um 30 Millionen zu verringern?
    VON DEM BACH-ZELEWSKI: Der Sinn ist mir nicht ganz klar. Ob die Wehrmacht gewußt hat, daß die slawische Bevölkerung um 30 Millionen verringert werden sollte? Mir war die Frage nicht ganz klar. Ich bitte, diese Frage noch einmal zu wiederholen.
    OBERST POKROWSKI: Ich habe gefragt: Können Sie wirklich und wahrhaftig bestätigen, daß die von der Wehrmacht in den damals von den Deutschen besetzten Verwaltungsgebieten getroffenen Maßnahmen den Zweck hatten, die slawische und jüdische Bevölkerung um 30 Millionen zu verringern? Verstehen Sie die Frage jetzt?
    VON DEM BACH-ZELEWSKI: Ich bin der Ansicht, daß diese Methoden wirklich zur Vernichtung von 30 Millionen geführt hätten, wenn sie so weiter fortgeführt worden wären und wenn nicht durch die Entwicklung der Lage sich die Situation ganz geändert hätte.
    OBERST POKROWSKI: Ich habe keine weiteren Fragen an den Zeugen zu stellen.

    [1] Wewelsburg: "Spirituelles" Zentrum der SS (in der Nähe von Paderborn), die sich quasi als "Orden" verstand; der Ort wurde insbesondere durch Himmler mystifiziert.


    Mehr muss man zum "Verhältnis der WH, SS und Polizei zur sowjet. Bevölkerung" nicht mehr ausführen ...


    Gruß,

    Joseph

    Suche Informationen zum Füs.Bat. 170 im Zeitraum Juli 1944 und zur 269.I.D im Zeitraum Januar bis März 1945 (Festung Breslau)

    Edited 4 times, last by Joseph O. (June 2, 2016 at 2:15 PM).