• Hallo,

    heute wende ich mich mit Schwerpunkt an die Veteranen:

    Mich interessiert, ob der einzelen Bürger, Soldat, Offizier die Vielfalt der Uniformen, Dienstgradabzeichen damals im III. Reich kannte. Ganz zu schweigen von den vielen Organisationsstrukturen.
    Die damals jungen Menschen mussten das sicherlich in der Schule, HJ, BDM
    ( BdM) etc. lernen, aber die Mehrzahl der damals schon älteren Generation?
    Offensichtlich eine "Wissenschaft" für sich, zumindest heute.

    Grüße von Karl

  • Das "uniformierte Deutschland" während der Zeit des 3. Reichs war schon
    außergewöhnlich "vielseitig". Es gab Familien, da war der Vater bei der SA, die Mutter bei der Frauenschaft, die Kinder beim BDM und der Hitlerjugend.
    Nur die ganz kleinen Kinder, die sogenannten AA-Männer, hatten keine Uniformen.

    Sich in all diesen Uniformen (einschließlich Arbeitsdienst, Parteiuniformen, Organisation Todt usw.) auszukennen, war für den damaligen Normalbürger
    kaum möglich. Aber dem Jungvolk, der HJ und BDM, denen trichterte man i. S. Uniformwesen wohl einiges ein.

    Beim eigentlichen Militär, das ja vor allem während der Kriegszeit überall präsent war, lagen bessere Kenntnisse beim Normalbürger vor. Auch die Omas wussten damals, dass Soldaten mit 2 umgekehrten Dreiecken Obergefreite waren. Auch die Rangabzeichen der Unteroffiziere und Offiziere dürften in gewisser Weise deutbar gewesen sein. Für die Rangabzeichen der SS dürften VIELE kaum genaue Kenntnisse haben. Und die Leute, die auch während des Krieges in ihren Parteiuniformen herum liefen, nannte das "gemeine Volk" nur "Goldafasane".

    Gruß
    Bert

  • Hallo Bert,

    Danke für Deine Antwort.
    So etwa hatte ich mir das auch vorgestellt.
    Zwar gab es jede Menge Lexika mit allen möglichen Uniform - Erläuterungen im Text, Bücher wie "Schlag nach !" "Jahrbücher"," z.B. für den NS Lehrerbund, Kalendarien mit entspr. Anhang, natürlich das "Organisationsbuch der NSDAP", für das Militär spezielle Literatur wie DV, Mitteilungsblätter, den "Reibert", Offizierskalender für die jew. Waffengattungen, den Reserveoffizier usw., dazu die Tagespresse, aber ich glaube, dass die Bücher ( nach meiner Umrechnung) damals relativ teuer und die Auflagen geringer als heute waren ( Wenn mann davon absieht, dass die Bücher heute. durch elektr. Medien auch bald weniger werden, denke ich). Auch waren die Reproduktionstechniken damals noch nicht so ausgefeilt und kostengünstig. Der Versandhandel war in den Kinderschuhen etc.

    Erstaunt bin ich aber über die Auflagen der Kriegsbücher und sog. Erlebnisberichte damals. Die Auflageangaben ( damals wie heute in den Büchern angegeben) gehen in die 10.000 Stück etc..

    NICHT BEURTEILEN KANN ICH DIE FRAGE; wieviel Geld der Normalhaushalt damals für nicht lebensnotwendige Bücher ausgeben konnte. Sicher bin ich mir aber aus eigener Wahrnehmung darüber, dass einige Jahre nach dem Kriege, als man solche Kriegsbücher problemlos "verscheuern" konnte, solche in vielen Haushalten trotz Entnazifizierungsgesetzen auftauchten und zum Verkauf, vor allem aber Tausch standen.

    Leihbüchereien standen damals sicher "höher im Kurs" als heute. So denke ich Zugänge zu solcher und spezielle poltischer Literatur waren sicher problemlos möglich.
    Um nicht vom Thema weiter abzuschweifen:

    WAR DAS DANN EIN PROBLEM MIt DER GRUSSPFLICHT??????

    Ich erinnere an Schiller`s "Wilhelm Tell".

    Gruß Karl

    Edit: Korrektur

    Edited 2 times, last by Karl Grohmann (March 29, 2012 at 8:14 PM).

  • Es gab damals schon Uniform-Bücher, in denen die einzelnen Uniformen der einzelnen Gruppierungen vorgestellt wurden. Das waren kleinere Fibeln, die sich sicher die Mehrheit leisten konnte.

    Gruß, Frank

  • Hallo Frank,

    Danke für Deinen Beitrag.
    ich habe ein Reprint einer Uniformfibel von 1933. Da sind alleine 60 Seiten davon nur Uniformen mit Dienstgradabzeichen. Da wird es schwierig.......
    Ich denke mal, da ist so mancher " rund gemacht " (Strafexerzieren/ Liegestütze etc.) oder "zusammengeschissen" ( Laute Beschimpfung) worden, weil er aus Unwissenheit nicht gegrüßt hat.

    Da gab es den Spruch:" Können Sie nicht grüßen?"
    Oft war es so, dass der Soldat vor einer sog. (förmlichen) Grußabnahme und ggf. Vereidigung nicht aus der Kaserne durfte.

    Gruß Karl

  • Hallo Karl,

    Quote

    Oft war es so, dass der Soldat vor einer sog. (förmlichen) Grußabnahme und ggf. Vereidigung nicht aus der Kaserne durfte.

    das war in den 1970 Jahren bei den BW auch noch so; keine Ausgang in
    Uniform ohne Grußabnahme.

    Quote

    Offensichtlich eine "Wissenschaft" für sich, zumindest heute.

    stimmt heute, die Gesellschaft war früher viel "militarisierter" als heute
    und wenn man Uniformträger war wurde in der eigenen Institution
    gelehrt wer wenn wann zu grüßen hatte.

    Die Maße der Bevölkerung konnte sehr wahrscheinlich nur das "Grobe"
    unterscheiden und wenn man sich nicht sicher war, konnte man ja auch noch die Straßenseite wechseln ;)

    Gruss Dieter

  • Quote

    Original von Augustdieter
    . . . die Gesellschaft war früher viel "militarisierter" als heute . . .

    Hallo zusammen,

    das war sicher der "springende Punkt" !

    Es ist/war allen totälitären Staaten gemeinsam, dass Militär und sonstige staatliche Institutionen sämtliche Lebensbereiche in einem Maße erfassten, der uns heute (zum Glück !) völlig fremd ist.
    Dazu zwei Beispiele:

    Bei DDR-Besuchen hatten wir immer Probleme, unseren Zwangsumtausch zu verbrauchen; also haben wir Bücher gekauft (wissenschaftliche Literatur oder auch Kinderbücher). Ein Kinderbuch war faszinierend, weil es Gedichte beinhaltete, die ich noch aus meiner Kinderzeit kannte. Später beim Durchlesen stellten wir dann fest, dass dazwischengestreut Themen wie "Mein Bruder geht zur Volksarmee" oder Gedichte über den sowjetischen Bruderstaat waren. Für uns "Westler" damals undenkbar !

    In meiner Kinder-/Jugendzeit war ich begeisterter Anhänger von Sammelbildern (was haben wir "Kölln-Flocken" gefressen !). Das waren Tierbilder, Sportbilder u.ä..
    Aus der Zeit des Dritten Reiches liegen mir jedoch einige (Zigaretten-)Alben vor, die die Wehrmacht, das Dritte Reich und seine Institutionen u.ä. behandeln. D.h., das Argument, dass Bücher über Uniformen und Dienstgradabzeichen teuer waren, zählt nicht so ganz, denn derartige "Literatur" wurde gezielt "gesponsort" und bewusst breit gestreut !

    Gruß
    Rudolf (KINZINGER)

  • Hallo Dr. Rudolf,

    das stimmt so.....habe ja selbst einige sog. Zigarettenbilderalben, z.B. " Die deutsche Wehrmacht" und sogar der "Bunte Rock", dies betrifft allerdings hist. Uniformen. Die Alben sind heute aber nicht mehr billig ( ausgenommen ein "Schnäppchen").

    Insofern war also auch über die ( Zigaretten- ) Industrie für ausreichende Info der breiten Bevölkerungsschichten im NS - Sinne gesorgt.
    Ich weiß von älteren Leuten, dass da ein reger Handel unter den Kindern und Jugendlichen üblich war, um doppelte Bilder einzutauschen.

    Gruß Karl

  • Hallo Karl !

    Ich kann nur aus meiner Erinnerung und meinem Umfeld berichten, bin Jahrgang 1928, kein Mensch weder in der HJ noch im RAD hat uns Uniformen und Rangabzeichen eingetrichtert,lediglich die Schulterscnüre bei der HJ sollte man wissen. Vielmehr war es so das ein jeder Bescheid wissen wollte,also die Neugier aus eigenem Interesse. Ich weiß noch als kleiner Junge wohnte ich einer Militärparade in Flensburg Mürwik bei, bei der Marine kannte ich mich aus. Aber diese Parade fand statt vor dem Reichswehrminister Blomberg, wider Daheim und befragt von der Verwandschaft ob ich auch Blomberg gesehen hätte, soll ich nur gesagt haben, das sei nur ein Unteroffizier mit nen roten Streifen an der Hos
    Zu den Zigarettenbilder Alben, die Bilder waren Tauschobjekte, wie heute die Bilder von Fussballspielern. Auch gab es ähnliche Alben in England John Player Navy cut, Royal Navy "The Royal Navy".
    So militaristisch waren wir garnicht, wir spielten lieber Trapper und Indianer, Karl May stand höher im Kurs als Kriegsbücher.
    Selbst im RAD, ein Unterricht über die Waffengattungen:"Arbeitsmann Grigoleit, was ist die Kavallerie ? Das sind die, die zu Reiten sind "! Meine Wohnorte im Krieg, Flensburg,Saarland, Thüringen,Kiel Hamburg.
    Die Uniform der HJ hatten wir nur zum Dienst oder bei besonderen Anlässen anzuziehen, sie sonst zu tragen war verboten. Da wir am Samstag Nachmittag Diebnst hatten, war es im Saarland für die kath. Messdiener immer schwer zu wechsen, sie trugen der Einfachheit halber die HJ Uniform unter dem Messgewand.


    Viele Grüße Hecht

  • Nachtrag !

    Die Jugend, aber auch der überwiegende Teil der deutsxchen Bevölkerung erwies der Uniform des Soldaten größten Respekt und Auszeichnungen im Krieg hatten hohe Achtung.
    Im Gegensatz dazu wurden die Uniformträger der Partei Organisationen bzw. die Uniform eher wie Berufskleidung betrachtet.

    Gruß Hecht

  • Hallo Hecht,

    Deine beiden Beiträge geben das wieder, was ich persönlich als "Zeitgeist" bzw. "erlebtes zeitgeistliches Wissen" bezeichne, das die Nachkriegsgeneration nicht kennt (und auch nicht kennen muss oder besser überhaupt und Gott sei Dank nicht erleben musste und niemand wieder erleben will!).

    So gesehen glaube ich Dir, dass die Mehrheit der Bevölkerung damals stolz auf die Soldaten und Ordensträger, insbes. RK - Träger, bekannte "Heerführer" etc. war.
    Von diesen wurden - auch wie heute von entspr. Persönlichkeiten/Stars etc. - signierte Fotos verteilt und gehandelt/getauscht.
    Diese damaligen "Helden" (Begriff hier ohne entspr. Bewertung und Einordnung)
    hatten aber auch Vorträge an Schulen etc., teils als N.S.F.O im Sinne des Regimes, zu halten.
    Daraus ergab sich sicher auch eine Kenntnis, zumindest der milit. Ränge.
    Übrigens, Schaubilder der Dienstgrade und der Uniformen waren aber ebenso verbreitet wie solche der allg. üblichen Waffen ( Sh. Antiquariat).
    Inwieweit die "UFA- Filme" und "Wochenschauen" mit entspr. Inhalten für den Bürger zugänglich durch Kinobesuche verbreitet waren, vermag ich nicht zu beurteilen (Abgesehen von den Frontkinos für Soldaten. Die "Brownsche Röhre" war noch nicht allgemein üblich).

    Ich möchte mich hier auch nicht vertiefen, denn über die Uniformierung an sich und die in diesem Zusammenhang wohl bedeutsame "Gleichschaltung", auch durch Uniformierung, welcher Couleur auch immer, gibt es ausreichend Literatur.

    Bleibt festzustellen, dass wohl jeder wusste oder sehr schnell lernen musste, wer sein Chef i. w. Sinne war! Dienstgradabzeichen hin oder her.

    Ich glaube, da ist der Hinweis von Dieter: " Straßenseite wechseln" ( und wegsehen) sicher öfter beachtet worden, möglicherweise von ganzen Gruppen von sog. "Urlaubern bis zum Wecken".

    Gruß Karl

  • Zitat Karl:

    So gesehen glaube ich Dir, dass die Mehrheit der Bevölkerung damals stolz auf die Soldaten und Ordensträger, insbes. RK - Träger, bekannte "Heerführer" etc. war.

    Das stimmt in der Tat. Von Bedeutung ist aber, dass Soldaten mit hohen Tapferkeitsauszeichnungen (RK, Deutsches Kreuz in Gold, Nahkampfspange)
    auch in der Nachkriegszeit "einen gewissen Status" hatten.

    Viele ehem. Unteroffiziere und Offiziere der Wehrmacht kamen nach Kriegsende in der öffentlichen Verwaltung unter und von denen war meist bekannt, wenn sie Träger hoher Tapferkeitsauszeichnungen waren. Sogar den Grund der Verleihung kannten meist die Kollegen. Ich erinnere mich an einen ehemaligen Unteroffizier der
    Panzerwaffe, der das RK dafür bekam, weil er eine Anzahl T34 abgeschossen hatte.
    Dieser ehemalige Unteroffizier, ein sympathischer Mensch, war damals im Kollegenkreis ausgesprochen beliebt. Er selbst sprach aber praktisch nie über sein "soldatisches Leben".

    Gruß
    Bert

    Edited 3 times, last by Jahrgang39 (March 31, 2012 at 9:25 AM).


  • ich habe ein Reprint einer Uniformfibel von 1933. Da sind alleine 60 Seiten davon nur Uniformen mit Dienstgradabzeichen. Da wird es schwierig.......
    Ich denke mal, da ist so mancher " rund gemacht " (Strafexerzieren/ Liegestütze etc.) oder "zusammengeschissen" ( Laute Beschimpfung) worden, weil er aus Unwissenheit nicht gegrüßt hat.
    Da gab es den Spruch:" Können Sie nicht grüßen?"

    Hallo zusammen,

    anbei noch ein kleines Fundstück zur Grußpflicht von Angehörigen der Wehrmacht gegenüber den uniformierten Beamten und Funktionsträgern des Reiches und der Organisationen der NSDAP. Bei den zahlreichen Uniformen und Dienstgraden des Dritten Reiches hätte ich in der damaligen Zeit mit Sicherheit völlig die Übersicht verloren und mehr als einmal nicht gewußt, wie ich mein Gegenüber zu Grüßen oder Anzusprechen hätte...
    Quelle: Badener Zeitung Nr. 30 vom 15.April 1942, Seite 3

    Gruß, J.H.