• Hallo Leute,

    Bericht der 6. Armee vom 16.11.1942 (vor der russ. Offensive) über den Stand der Wintervorbereitungen (Bekleidung)

    Zusätzliche Winterbekleidung hat die Truppe soweit in Händen, daß jedenfalls die in vorderster Linie eingesetzten Einheiten der fechtenden Truppe (40 %) ausgestattet sind. Der größere Teil (etwa 60 %) der der Armee zugeteilten und in eigenen Lagern erfassten Mengen, befindet sich noch in Millerowo und soll mit italienischen LKW-Kolonnen bis zum 20.11. dem vordersten AVL-Lager Karpowka (zwischen Wolga und Don) zugeführt werden.

    Eine vollständige Ausstattung der Divisionen mit Winterbekleidung bis zum 20.11.42 wird nicht möglich sein, da erhebliche Mengen zwar zugeteilt und als Bahnantransport angekündigt, aber noch nicht eingetroffen sind. Angekündigte Winterbekleidung aus Nikolajew:
    --68.000 wattierte Jacken
    105.000 wattierte Hosen
    110.000 Kopfhauben

    Starker Mangel an Waggonraum, da derzeit wegen eingleisiger Streckenführung nur 3 Züge/Tag Stalingrad direkt anlaufen. Weiterhin großer Mangel (ohne Waffen, Ersatzteile, Munition usw) an Bunkeröfen (nur 1/3 vor Ort), Heizmaterial, Verpflegung, Pferdefutter, Baracken, Treibstoff, Baumaterial. Das Bedarfsmaterial ist zumindest in ausreichenden Mengen im Hinterland vorhanden und eingelagert, Engaß ist fast ausschließlich der Antransport auf dem letzten Teilstück zur Front.

    Gruß

  • hallo,

    dass ein Staat oder hoher Generalstab seine Truppen ohne Winterbekleidung an die Front jagte, war keine "Erfindung" der hohen Führung 1941:

    Ich habe einen Brief eines westfälischen, also preußischen Soldaten aus dem Dänischen Krieg 1864. Preußen und Österreich hatten ihre Truppen im Januar von Hamburg aus durch tiefen Schnee und bitterster Kälte in Richtung dänische Grenze geschickt. "Mein" Soldat bedankt sich für die warmen Strümpfe, Unterhosen und Kopfwärmer, die ihm seine Angehörigen nachgeschickt haben.

    Wie man aus einer Regimentsgeschichte nachlesen kann, war die Vorsorge für diesen Winterkrieg nicht vorhanden und es musste bei der Bevölkerung um Spenden gebeten werden.

    Beste Grüße
    G. Aders

  • Hallo,

    siehe auch ( ein wenig abschweifend):
    Napoleon Bonapartes Grande Armee` Winter 1812 in Russland.

    "Kriegserinnerungen des Korporals Georg Anton Uehlein

    Die Kälte wurde so groß, dass die Menschen und Pferde haufenweise lagen und erfroren sind.......mussten immer auf freiem Himmel im Lager liegen. "

    Gruß Karl

  • Hallo,

    zur Ergänzung der oben genannten Literatur, hier nochmals eingestellt:

    Adam Zamoyski: 1812 Napoleons Feldzug in Russland.
    2004 in englischer und 2012 in deutscher Sprache erschienen bei C.H.Beck.

    Viele viele Berichte von Teilnehmern dieses Feld- und Rückzuges im Winter kommen hier zu Wort, es muss grauenvoll gewesen sein.

    Winterbekleidung: gab es nicht; Nahrung: gab es kaum; Obdach: die Offiziere schliefen in Holzhäusern, die am nächsten Morgen verschwunden waren, weil die Soldaten die Häuser inzwischen verfeuert hattten; Transportmittel: nur Schusters Rappen; Sanitätsdienst: die Verwundeten wurden tiefgekühlt usw..

    Gruß

    Paul


    G-W-G'

  • Hallo,

    mit Erlaß und anschließendem Befehl vom 30.12.41, ( BA/MA RW1988/888,Bl.219), der Befehl ging vermutlich an den Chef der Heeresrüstung und BdE, Generaloberst Fromm,
    befahl Hitler, dass Fromm? dafür verantwortlich ist, dass alle im Eisenbahntransport der Ostfront zuzuführende Verstärkungen beim Verlassen der Reichsgrenze mit den für den Kampf im Osten unentbehrlichen Wintersachen ausgestattet sind, nachdem ihn diesbezüglich Klagen erreicht hatten. ( Sinngemäßer Auszug).
    Dies betraf die zuzuführenden Verstärkungen ! ( DU)

    Am 18.1.42 - nachts - vertiefte er neben anderen Ausführungen dieses Problem in der Wolfsschanze und führte aus:" Das schwierige an unserer Lage ist nicht der Winter an sich, sondern Menschen haben und sie nicht transportieren, Munition haben und sie nicht vorbringen, Waffen haben und sie nicht hinbringen können.
    Wehe der Eisenbahn, wenn sie das das nächste Mal nicht anders macht!"

    Ich glaube nicht, dass man diese Aussage so stehen lassen kann. Das hört sich ja gerade so an, als ob genügend Potential vorhanden, aber die Eisenbahn alleine Schuld an der Misere ist/war.

    Gruß Karl

  • Hallo Karl,

    kann man die Sache nicht auch so sehen, dass selbst für das Wenige, was da war, der Transportraum nicht ausreichte.

    Du kennst wahrscheinlich den Witz, der dieses treffend illustriert: Kommt ein amerikanischer Farmer in eine Kneipe in Ostfriesland und stellt sich den Bauern vor und gibt damit an, dass er mit seinem Auto zwei Tage braucht um seine Farm zu umrunden. Und der Ostfriese sagt darauf trocken: so ein Auto hatte ich auch mal.

    Zentrales Problem war doch, dass es Deutschland seit etwa 1942 nicht mehr gelang seine materiellen und personellen Kapzitäten im selben Tempo auszubauen wie es der Sowjetunion (im Falle des Russlandfeldzuges) gelang. Ist es nicht so, dass man als Lehre aus dem 1. WK mitgenommen hatte, wegen der eklatanten Unterversorgung Deutschlands mit vielen Rohstoffen, sich nicht mehr auf einen Abnutzungkrieg einzulassen. Daraus resultierte die Blitzkriegstrategie, die auch funktionierte, allerdings nur solange man sich keinen Gegner vornahm, der die Blitzkriegsstartegie ins Leere laufen ließ. Nachdem Deutschland ab 1942 den Abnutzungskrieg angenommen und ausdrücklich auf das Spielen der politischen Karte verzichtet hatte, war es eigentlich egal, wie tapfer der einzelne Soldat kämpfte, denn es war nur noch eine Frage der Zeit bis zur Niederlage.

    Beste Grüße

    Paul


    G-W-G'

  • Hallo Paul,

    natürlich spielt der Transportraum eine erhebliche Rolle.
    Das war schon zu Beginn "Barbarossa" so.
    Der Aufmarsch und die Versorgungsplanungen gestalteten sich logistisch derart schwierig, dass schon da mit Aushilfen ( Beispiel: Versorgungskoffer) gearbeitet werden musste. Zitat: "Unter restloser Ausnutzung aller Möglichkeiten und AUSHILFEN."
    Rohde: "Das deutsche Wehrmachtstransportwesen im II. WK".

    Gruß Karl

  • Hallo zusammen,

    Nach dem Debakel im russischen Winter 1941 / 42 wurde ein Winterkampfanzug eingeführt, dessen Jacke und Hose
    so weit geschnitten waren, daß sie über die normale Felduniform paßten. Der Anzug war wendbar (eine Seite weiß,
    eine Seite Tarnfarbe gefleckt). Dazu gab es noch Pelzmützen, dick gefütterte Fausthandschuhe sowie wattierte
    Hosen und Jacken zum Unterziehen. ...

    http://]lexikon-der-wehrmacht.de/Soldat/Bekleidung_Ausrustung.htm

    etwas unglücklich und holzschnittartig, dieser Eintrag im Lexikon. Im April 1942 gab der Führer nur die Fertigung von Winterkampfanzügen in Grau/Weiß und Grün/weiß frei.
    Erst viel später im Herbst 1943 wurde dann eine Version mit Splittertarn / Weiß ausgeliefert. Deshalb lassen sich Fotos mit Winterwendekleidung immer sehr gut datieren, alle Aufnahmen mit Tarnfarben (=Splittertarn) stammen frühestens aus dem Winter 43/44.

    Gruß
    Rüdiger

    PS: Wobei im Einsatz alles kunterbunt nebeneinander getragen wurde, siehe Foto mit Pelz, Schneejacke und Wendekleidung.

  • Hallo,

    falls für jemanden von Interesse, der "Erfinder" des Winterwendeanzuges dürfte vielen bekannt sein. Es war der Textilunternehmer Josef Carl Peter Neckermann (später Neckermann Versand),
    der im Winter 41 einen klagenden Brief seines jüngeren Bruders erhielt. Darin beschwerte sich dieser von der Front vor Moskau über die bitterliche Kälte
    und die unzureichend wärmende Kleidung. Kurze Zeit später hatte Neckermann eine mit Reißwolle gefütterte Jacke / Hose entwickelt, die bei der Wehrmacht auf große
    Befürwortung stieß und bei einer Präsentation vor Hitler im April 42 zur Serienfertigung (3 Millionen ?) freigegeben wurde.

    Und wo ein Licht ist, existiert auch immer die dunkle Schattenseite. Neckermann profitierte zuvor mehrfach von "arisierten" Zwangsverkäufen.
    Das Ausbessern der Anzüge erfolgte oftmals in Konzentrationslagern, wo Frauen unter hohem Arbeitsdruck den blut- und eiterbefleckten Stoff flicken mussten.


    Gruß
    Rüdiger

  • Hallo zusammen,

    während der Tauperiode wurden dann diese Winterkampfanzüge angeblich zu tausenden weggeworfen, da sie sich mit Wasser vollgesogen hatten.

    Quelle: Irgendwo gelesen; mehr kann ich nicht sagen.

    Gruß Karl

  • Hallo Karl,

    durchaus glaubhaft für die Tauwetterperiode im Frühjahr 1944. In wandernden Kesseln bei verschlammten Rollbahnen dürften die nassen Anzüge sehr hinderlich gewesen sein.
    Längere Rückzugsmärsche tagsüber bei starkem Sonnenschein stelle ich mir ebenfalls als Zumutung vor. Es sei denn, man war bei einer vollmotorisierten Flakdivision (siehe Foto)


    Gruß
    Rüdiger