realistische Darstellung

  • Servus und hallo zusammen,

    wenn jemand eben (Dienstag 24.08.10 ca. 22.00 Uhr) auf WDR die Sendung "Krieg für die ganze Familie" aus der Reihe "Weltweit" gesehen hat, der wird meine Frage oder mein Anliegen verstehen:

    Wie hat sich ein Soldat der Wehrmacht bzw. der SS bewegt? Hatte er ständig eine stramme Haltung,.....

    Auch das Zitat aus dem Buch"Saat in den Sturm" ..... er erkannte an meinem Schritt dass ich von der Waffen SS war und meinte so läuft man heute nicht mehr......." lässt doch auf eine andere "Haltung" schließen oder ?

    Um meine Frage zu konkretisieren:

    Kann uns ein Veteran erklären wie sie sich damals verhalten haben ? Im Dienst, wie haben vorgesetzte gebrüllt (was ja so oft in Büchern beschrieben wird;-)),

    Was müsste ein Schauspieler heute wissen um einen normalen Soldaten aus dieser Zeit realistisch darzustellen ?

    Vielen Dank für die Antworten


    Gruss

    Christian

    Suche alles um die Schicksale meiner Ahnen weiter zu klären: Johann Pfänder SS Pz.Gren.Rgt.Westland, gefallen am 07.09.1943 in "SSneschkoff"

  • Hallo Christian,

    ich bin zwar kein Veteran, der Dir direkt auf Deine Fragen antworten kann, und mein folgender Literaturhinweis bezieht sich auch nicht auf die SS oder das Heer, vermittelt aber meiner Meinung nach sehr gut die Inhalte, die durch Deine Fragen angerissen werden. Bei dem erwähnten Buch handelt es sich um Lothar-Günther Buchheims: „Der Film -Das Boot-“, Goldmann, 1981.
    Recht kritisch geht Buchheim hier auf Unstimmigkeiten zwischen seinem eigenen Erleben der Ereignisse auf U 96 (wie auch seiner gesamten Marinezeit) und der filmischen Umsetzung derselben ein. Es handelt sich dabei um Widersprüchlichkeiten, die Buchheim an der Entstehungszeit des Filmes und den Grundsätzen dramaturgischer Gestaltung festmacht. Als besonders erwähnenswert wird dabei immer wieder die Diskrepanz zwischen den sehr gut ausgeführten Requisiten und Kulissen und dem nicht dazu passenden Verhalten der Schauspieler angeführt.

    Bsp. 1: „Dieser dumme Uniformgeck soll ich sein?...Ich könnte nicht in den Spiegel sehen, wenn ich mich jemals so dusselig aufgeführt hätte, wie es dieser Charge abgefordert wird!“

    Bsp. 2: „Der Kriegsberichter wirft, wenn ein Brecher kommt, die Arme in die Luft und reißt dem Mund auf wie ein an Land geworfener Karpfen, der gegen das Verenden kämpft, anstatt sich vor den Wasserschwällen wegzuducken…Kein Mensch, zuletzt P. will von mir hören, wie es auf der Brücke bei Sturm tatsächlich zuging. Als sich P. mir halb zuwendet, ist sein Unwille deutlich. Aber jetzt kann ich nicht mehr zurück. Ich sage: ‚Wenn ihr in das Becken eine Tonne Salz schüttet, würde der Kriegsberichter von ganz allein seine Schnauze zumachen.’“

    Bsp. 3: “Wenn einer einen Film mit so vielen technischen Installationen macht, sollte er, wenn der Schauspieler in die einzig richtigen Haltungen beim Bedienen der Aggregate einweisen will, selber ganz genau über deren Funktion Bescheid wissen…Er dürfte sich nicht wie ein Scholastiker verhalten, der seine Kenntnisse über die Natur vor seinem Hause nur aus Büchern schöpft, anstatt einmal nach draußen zu gehen und sie sich anzusehen.“

    Es wird also den einzelnen Darstellern und auch den Regisseuren und Produzenten, so sie einen authentischen Blick auf die Vergangenheit anstreben, nichts anderes übrig bleiben, als sich offensiv mit der jeweiligen Zeit auseinanderzusetzen. Dazu gehört neben Literaturstudien auch die Zusammenarbeit mit den noch lebenden Zeitzeugen, da nur bei denen diese soft skills in Erfahrung gebracht werden können. Ob sich dann gewonnene Erkenntnisse allerdings auch gegen die Regeln durchsetzen können, denen der Aufbau eines Filmes unterliegt, sei dahingestellt…

    Mit freundlichen Grüßen
    Schorsch

  • Hallo Namensvetter,

    Schauspieler brauchen in der Tat gute Anweisungen, wie sie sich im Film zu bewegen und zu sprechen haben. Das gilt auch für Statisten und die Dialoge. Vor einiger Zeit habe ich einen amerikanischen Film gesehen, in dem deutsche Soldaten während des Zweiten Weltkriegs vorkamen. Offizier zu einem seiner Männer: "Viel Glück auf Ihrer Mission!". Wahrscheinlich hat man hier einfach das amerikanische "mission" übernommen - in der Literatur ehem. Wehrmachtsangehöriger wird interessanterweise nie von "Missionen" gesprochen (ist mir jedenfalls nie aufgefallen), sondern immer von "Einsätzen".

    In der (deutschsprachigen) Budapester Zeitung habe ich zufällig kürzlich einen Artikel gelesen über eine Firma, die sich um genau solche Details kümmert:
    http://militaryfilmandmovieservice.com/
    Hier gibt es übrigens auch einen Teaser zum Film "Der letzte Zeuge" über Rochus Misch.

    Die Firma hat auch "Operation Walküre" begleitet, konnte sich aber nicht an allen Stellen durchsetzen - so trug Cruise im Film z.B. nicht das Dt. Kreuz in Gold. Wahrscheinlich weil darauf ein großes Hakenkreuz zu sehen ist und die Produzenten "Stauffenberg" nicht damit zeigen wollten, um nicht am Klischee vom "Antifaschisten" zu kratzen.

    Christian

    Edited once, last by Christian_W (August 26, 2010 at 12:02 AM).

  • Das ist ein Thema, welches mir auch schon unterkam.

    Quote

    Original von Christian_W
    Hallo Namensvetter,

    Schauspieler brauchen in der Tat gute Anweisungen, wie sie sich im Film zu bewegen und zu sprechen haben. Das gilt auch für Statisten und die Dialoge.

    Heiner Müller hat Brecht Stücke in Mittel- und Westdeutschland insziniert. In seiner Biographie schrieb er, wie schwer es für Westdeutsche Schauspieler war einen Arbeiter darzustellen. Er führte es darauf zurück, das Schauspieler aus Mitteldeutschland auch Arbeitseinsätze in regulären Betrieben während ihres Studiums hatten. Auch heute wenn man sich Filme an schaut in denen Arbeiter vorkommen, das ist meist unrealistisch dargestellt, allerdings haben die englischen Filmemacher dies besser raus.
    Heiner Müller
    Krieg ohne Schlacht. Leben in zwei Diktaturen. Eine Autobiografie.

    Quote


    Vor einiger Zeit habe ich einen amerikanischen Film gesehen, in dem deutsche Soldaten während des Zweiten Weltkriegs vorkamen. Offizier zu einem seiner Männer: "Viel Glück auf Ihrer Mission!". Wahrscheinlich hat man hier einfach das amerikanische "mission" übernommen - in der Literatur ehem. Wehrmachtsangehörige wird interessanterweise nie von "Missionen" gesprochen (ist mir jedenfalls nie aufgefallen), sondern immer von "Einsätzen".


    Das passt oft nicht, in amerikanischen Filmen. Einzeln (Requsite, Dialoge Handlung) und im Zusammenspiel. Wir haben in den 70/80 zigern meist Kommunistsich inspiriert Filme geschaut bei denen war es ähnlich, ab einer gewissen Anzahl geschauter Filme fragt man sich ob Wehrmachtssoldaten wirklich so waren, die Handlung passt in der Gesamtsumme nicht.

    Quote

    Im Dienst, wie haben vorgesetzte gebrüllt (was ja so oft in Büchern beschrieben wird;-)),

    Das ist mir auch aufgefallen. Ich war bei diesem Film überrascht:
    Der Scharfschütze in der Gelaendeausbildung
    http://www.youtube.com/watch?v=_fO8xYCAy24
    das normal gesprochene Dialoge vorkommen. Das Problem ist auch das wir meist nur übersprochenes Filmmaterial Öffentlich Rechtlich zu sehen bekommen, nur die Stellen an denen "gebrüllt wird" sieht man ganz. Letzendlich glaubt man dann,so ging es zumindest mir, das sie nur brüllend rumgelaufen sind.

    vg
    mra

    -die Feder ist uns von Haus aus ein fremdes Handwerkszeug. Aber nun hat unser Leid einen schreiben heißen –