war die Wehrmachtsuniform eigentlich praktisch ?

  • hallo
    war die normale Wehrmachtsunform ( ich meine nicht die Ausgehuniform ) aus damaliger Sicht gesehen sinnvoll und praktisch ? z.b. wären Schnürstiefel statt Knobelbecher oder ein Beutel statt der Gasmaskentasche nicht besser ? es ist mir schon klar,daß es damls kein Coretex oder Softshell gab ,aber abgesehen von den Materialen erscheint mir auch der Schnitt unpraktisch . Hat man da zu sehr auf Aussehen geachtet , die amerikanische Uniform sieht ja dagegen etwas schlampig aus ? Oder liege ich ganz falsch ?
    danke im voraus , mfg michi

  • mitsch

    Die Borniertheit des A.H. bestand darin, dass er anfangs des Krieges immer
    davon ausging, dass seine Kriege alle Blitzkriege wie in Polen und Frankreich sind. Man schickte die Soldaten mit der normalen Dienstuniform in den Krieg gegen Russland und dachte auch ansatzweise nicht daran, dass man auch
    Winterkleidung benötigt. A. H. ging ja davon aus, dass der Krieg gegen die Sowjetunion noch vor dem Winter 1941/42 siegreich beendet ist.

    Es kam alles anders. Die Soldaten erlitten im Winter 1941/42 schlimme Erfrierungen, weil man für den Winter nicht vorbereitet war. Im Reich sammelte man dann warme Bekleidungsstücke für die Front.

    Die US-Soldaten und die Soldaten der Roten Armee hatten bald wetterfeste
    Kampfuniformen, die in der Tat etwas schlampig aussahen. Aber diese Klamotten waren jedenfalls wind- und wasserdicht. Die Soldaten der Wehrmacht hatten als Wetterschutz nur eine dreieckige Zeltplane. Tarn- und Kampfuniformen hatte gegen Kriegsende zuerst die SS, später dann
    auch die Wehrmacht (so ab Ende 1944).

    Die Stiefel der Deutschen waren auch ein Problem, weil sie genau
    angepasst wurden und so gab es in den kalten Wintern im Osten Ausfälle infolge Erfrierungen der Zehen. Die Russen waren klüger. Ihre Filzstiefel wurden eine Schuhgröße größer angepasst und innen zusätzlich mit Zeitungspapier ausgefüttert. Rotarmisten überstanden die Winter mit ihrer Uniform und ihren Filzstiefeln problemlos.

    Gruß
    Bert

    Edited once, last by Jahrgang39 (May 31, 2009 at 4:48 PM).

  • Karl Grohmann

    Das mit der Tradition stimmt wohl. In der NS-Zeit legte man viel Wert auf
    militärische Tradition. Ähnlich lief es auch in der DDR in Sachen NVA.

    Trotzdem war es ein Armutszeugnis für den NS-Staat, mit welchen unzureichenden "Klamotten" man die Soldaten der Wehrmacht in die Kriege schickte. Aber dafür hatte man für jeden Soldaten eine aufwendige Paradeuniform, die natürlich in Kriegszeiten wertlos war!

    Gruß
    Bert

  • Die Frage von Mitsch ging glaube ich in eine andere Richtung.
    Es war ja die politische Entscheidung, gepaart mit der Versorgungskrise an der Ostfront, die dazu führte, dass die Osttruppen nicht ausreichend gekleidet waren und nicht weil die Kleidung nicht vorhanden war.
    Sicher in manchen Einzel-Punkten hatte zb. die sowj. Armee größere Erfahrung hinsichtlich des Winterkampfes und der -Ausrüstung.
    Mitsch ging es, so glaube ich, darum, ob die dt. Uniformen an sich "gut" waren.

    Dazu ein paar Hinweise:

    "Die alliierte Propaganda machte sich über die deutschen Uniformen lustig. Tatsächlich waren die Uniformen jedoch ausgezeichnet entworfen und verbanden gutes Aussehen und Praktikabilität miteinander."

    Bis 1942 waren sie auch aus hervorragenden Stoffen und sehr gut verarbeitet. Ab 1943 dann gelangten auch Uniformen aus Stoffen, bei denen der Wollanteil nur noch 35% betrug und die insges. in Qualität und Verarbeitung schlechter waren zur Truppe. Auch ersetzten Stoffriemen die Lederriemen usw.. Das schmälert aber nicht daß "die Uniformen und Ausrüstung der deutschen Truppen den Uniformen und Ausrüstungen vergleichbarer Armeen sowohl in Zweckmäßigkeit als auch in der Fertigung voraus waren".

    Quelle: Brian L. Davies: Uniformen und Abzeichen des deutschen Heeres 1933-1945, Stuttgart 2003


    PS: Hinsichtlich der Paradeuniformen:

    Im Laufe des Krieges wurden keine Ausgehuniformen mehr ausgegeben.
    Man war der Meinung jetzt brauche man sie nicht und nach dem (erfolgreichen !!) Ende des Krieges wird es wieder welche geben.

    Hinsichtlich der wasser- und winddichten Kleidung.
    Die gab es im begrenztenm Umfang auch für dt. Soldaten. Z.b. Gummimäntel für die Kradmelder.
    Der Nachteil der damaligen wasserdichten Kleidung. Sie war nur über eine Gummierung zu erreichen. Dh. man schwitzt darunter wie verrückt.
    Wer jemals solche Kleidung getragen hat und damit Sport machen musste, fragt sich hinterher ob es nicht besser gewesen wäre, vom Regen nass zu werden ,als im "eigenen Saft" zu dünsten.

    "Man besucht ja nur sich selber, wenn man zu den Toten geht" (Kurt Tucholsky)

    Edited 3 times, last by Papa (June 1, 2009 at 4:39 PM).

  • Papa

    Die Uniform der Deutschen war wohl für den "friedensmäßigen Dienstbetrieb" eine ordentliche Uniform, aber für den Kriegseinsatz ungeeignet. Die Feldbluse und die Hose waren weder wasserabweisend noch
    winddicht. Das bestätigten in der Vergangenheit immer wieder Veteranen.

    Auch gab es bei der Wehrmacht anfangs des Krieges keine Winterbekleidung, wenn man vom Uniformmantel einmal absieht.

    Die US-Amerikaner, die Sowjets und tw. auch die Briten gingen da andere
    Wege. Im Krieg gab es bei denen für die kämpfende Truppe keine Dienstuniformen mehr, sondern nur noch Kampfanzüge und für den Winter zusätzlich wärmere Uniformen.
    All das
    ignorierte man im NS-Staat. Der Tarnanzug für die Wehrmacht und die SS (diese Uniform war wenigstens einigermaßen wetterfest) kam erst in den
    letzten Monaten des Krieges.

    Gruß
    Bert

    NS: Der US-Kampfanzug M 42 war für damalige Verhältnisse
    ein ausgereiftes und modernes Produkt! Die Soldaten der
    Wehrmacht wären mit einem solchen Kampfanzug besser
    gefahren als mit ihrem altbackenem Dienstanzug!

    Edited 2 times, last by Jahrgang39 (June 1, 2009 at 4:59 PM).

  • Auch gab es bei der Wehrmacht anfangs des Krieges keine Winterbekleidung, wenn man vom Uniformmantel einmal absieht.

    Der Wintermantel nebst Wollweste, wollenen Fingerhandschuhen und Leibbinde, sowie Ohrenschützer, Halstuch und ein Wollschlauch zum Überziehen über den Kopf war die dt. Winterausrüstung und für den mitteleuropäischen Raum völlig ausreichend. Von der umfangreichen weiteren Bekleidung und Ausrüstung des dt. Soldaten mal ganz abgesehen.

    Über Praktikabilität kann man streiten und theoretisieren, vor allem von uns, die so eine Uniform nie tragen mußten, aber wenn man sich die Uniformen der Kriegsgegner bis etwa 1942/43 ansieht, vor allem aber zu Kriegsbeginn, dann hätte man in denen eher nicht stecken mögen. ;)

    Geht man also zeitgerecht vor verfügte der dt. Soldat zu Kriegsbeginn über eine umfassende und sehr gute allg. Bekleidung und Ausrüstung nebst Winterbekleidung, die den bis dahin bekannten und zu erwartenden Ansprüchen und Anforderungen und den Bedingungen des mitteleuropäischen Raumes vollauf genügte.

    Die US-Amerikaner, die Sowjets und tw. auch die Briten gingen da andere Wege.

    Ab wenn denn und weshalb? Genau, ab Mitte der 40-iger Jahre aufgrund der Kriegsereignisse-und erkenntnisse und zum selben Zeitpunkt, als auch bei der WH der Winterkampfanzug aufgrund der Rußlanderfahrungen eingeführt wurde.

    Der Tarnanzug für die Wehrmacht und die SS (diese Uniform war wenigstens einigermaßen wetterfest) kam erst in den letzten Monaten des Krieges.

    Mal davon abgesehen, daß Tarnbekleidung allg. schon wesentlich früher eingesetzt wurde und auch der Winterkampfanzug mit den wendbaren Weiß-und Geflecktseiten ab Winter 1942/43 nicht nur eine ausgezeichnete Winterbekleidung, sondern natürlich auch ein hervorragender Wintertarnanzug war.

    Im Krieg gab es bei denen für die kämpfende Truppe keine Dienstuniformen mehr, sondern nur noch Kampfanzüge und für den Winter zusätzlich wärmere Uniformen. All das ignorierte man im NS-Staat.

    Was natürlich Unsinn ist, wie nicht nur die Entwicklung des Winterkampfanzuges belegt, sondern auch die allg. Bemühungen nach den katastrophalen Ereignissen des Winters 1941/42 möglichst schnell auf die Erfordernisse der Truppe zu reagieren und die Vielzahl der während des Krieges von den Deutschen entwickelten Spezifikationen und Innovationen zum Thema Ausrüstung, Bekleidung, Tarnung. Insg. wäre zu diesem Thema wohl eher weniger mehr gewesen, denn es gab wohl keinen anderen Soldaten im 2.WK, der so viel "Gerödel" aller Art hat mitschleppen müssen bzw. für den so viel in den Trossen an Bekleidung und Ausrüstung mitgeführt wurde und insg. standardmäßig vorhanden war.

    Das Thema betreffend wäre es also durchaus richtig gewesen zu sagen, daß das Thema Winterbekleidung-und Ausrüstung allg. aus den bekannten Gründen bei der Planung zu "Barbarossa" seitens der WH-Führung eine untergeordnete Rolle spielte, aber nicht, daß die WH oder der WH-Soldat über keine verfügte. Das diese dann 1941 in Rußland oftmals zu spät an die Front kam hat verschiedene Ursachen und das diese Winterbekleidung auch insg. zumindest für die extremen Witterungsbedingen nicht ausreichte und zweckmäßig war dürfte unstrittig sein, sind aber zwei andere Themen.

    Allerdings dürfte auch klar sein, daß die Weiterentwicklung vom einfachen wollenen Winteruniformmantel hin zu einem praktischen und wetterfesten Winterkampf-bzw. Tarnanzug einen gewissen zeitlichen Vorlauf etc. benötigt und praktisch quasi einen Quantensprung darstellt. ;)

    Was aber wohl kaum bedeutet, daß man seitens der WH eine Verbesserung z. B. auch der Winterbekleidung "ignorierte".

    Edited 14 times, last by Hoth (June 1, 2009 at 6:59 PM).

  • Hallo,

    Quote

    Original von Jahrgang39
    Die US-Amerikaner, die Sowjets und tw. auch die Briten gingen da andere
    Wege. Im Krieg gab es bei denen für die kämpfende Truppe keine Dienstuniformen mehr, sondern nur noch Kampfanzüge und für den Winter zusätzlich wärmere Uniformen.

    Bert,
    wenn man sich die US- oder britischen Uniformen zu Beginn des Krieges anschaut,waren diese wohl genau so praktisch/unpraktisch wie die der Wehrmacht.

    Bedenkt man,daß die US-Army noch bis 1941 den Stahlhelm des 1.Weltkrieges trug,der weltweit bekannte Helm wurde erst 1941 eingeführt, war die Entwicklung bis dahin eher rückständig gewesen:

    http://www.olive-drab.com/od_soldiers_cl…_combat_ww2.php

    Was den "Schutz vor Witterungseinflüßen" angeht,waren in der ersten Hälfte des Krieges wahrscheinlich nur Rußland für die Ostfront und Italien und England in Nordafrika in der Lage,den Soldaten eine einigermaßen zweckmäßige Uniform zu stellen.

    Gruß
    Jan

    suche alles über das Gebirgs-Jäger-Regiment 756

  • Hallo,
    mein Vater war als Infantrist bis 45 an der Ostfront im Einsatz. Ich glaube als Soldat der z.B. noch im Winter 43/44 Erfrierungen hatte, ist er ein guter "Zeuge". Er hat jedenfalls öffter über die Ausrüstung bzw. Kleidung "gemeckert".
    Mir ist vor allem in Erinnerung geblieben, dass er über die, sinniger weise über die noch heute von der BW verwendeten, Schiffchen gemeckert hat. Er war froh als er endlich 44 die Feldmütze M 43 (ist kürzlich Thema gewesen) bekommen hat. Diese Feldmütze bot endlich etwas Wetterschutz. Die Schiffchen hielt er schlicht für Schwachsinn. Er hat nur den Kopf geschüttelt als ich mit BW-Schiffchen daher kam.
    Nicht nur bekam die WH zuerst keine Winterausrüstung hin auch mit der Tropenkleidung sah es düster aus. Im Buch von Luck (Mit Rommel an der Front) kann es jeder nachlesen. Luck hat sich bei den von uns Deutschen immer so geschmäten Italienern Wüstenkleidung besorgt. Die ignoranten Bürokraten haben es abgeleht von den Erfahrungen ihrer Verbündeten in der Wüste zu profitieren. Bis zum Ende in Afrika wurde nicht wirklich umgesteuert.
    In Finnland hat man mir im Militär-Museum von Hämeelinna (super Museum 80 km nördlich Helsinki) erzählt, dass die deutschen Supersoldaten im Generalstab finnische Hilfe und Ratschläge (es gab einen Verbindungsgeneral) zur Winterkriegsführung ignoriete. Zur Erinnerung die Finnen zeigten sich gegenüber den Russen schon im Winterkrieg Finnland-Russland vor allem bei arktischen Temperaturen, Nachts und im Wald überlegen. Genau bei diesen Bedingungen zeigten sich die Russen den Deutschen überlegen. Finnische Ratschläge und Erfahrungen wurden von deutschen Stellen nur zögernd oder gar nicht übernommen (Behauptung in Finnland, soll in verschiedenen Büchern ´Thema sein). Bekanntlich soll am deutschen Wesen die welt genesen (alter Spruch). Da selbst bei einem Sieg im Osten 41 große Besatzungstruppen bzw. auch Polizei, SS usw. dort bleiben mussten, hätte eine nur halbwegs schlaue Führung sofort alle wichtigen Erfahrungen der Finnen übernommen. Es gibt sogar ein Buch auf finnisch über Winterkriegsführung im II. Weltkrieg, in dem groß auf das Thema "Versagen der Deutschen im Winterkrieg" eingegangen wird. Da finnisch nun garnichts mit normalen europäischen Sprachen zu tun hat (Verwandtschaft mit Sprachen aus Nordostasien), habe ich es natürlich nicht gekauft.
    Fazit: Wer Krieg in anderen Klimazonen führt, muss sich auch darauf vorbereiten. Die deutsche Militärführung hat dies nicht gemacht, obwohl z.B. mit den Finnen erfahrene Verbündete bereit standen. Für mich schlichte Ignoranz deutsche Militär-Bürokraten.
    Gruß Martin

    ML

  • falkmart

    Auch mein Vater erzählte Ähnliches. Er kam 1945 mit erfrorenen Zehen nach Hause, weil die Wehrmacht nicht in der Lage war, ihren Soldaten wintertaugliche Kampfstiefel in ausreichender Zahl zur Verfügung zu stellen. Es war auch ein Witz, die Soldaten mit der üblichen Dienstuniform in den Russlandfeldzug zu schicken. Vielfach fehlten den Soldaten im Winter 1941/42 sogar ihre Wintermäntel. Wintermäntel waren sicherlich
    in Friedenszeit eine geeignete Bekleidung, aber für den Kriegseinsatz nur
    bedingt tauglich. Die Entwicklung eines Kampfanzuges wie ihn die Russen und die US-Soldaten hatten, verpasste man. Alles was dann noch kam
    (Tarnhemden für den Winter udgl.) war nur Stückwerk.

    An solchen Dingen war m.E. in erster Linie Hitler und seine Paladine schuld.
    Man wollte schnelle Blitzkriege und vermied gezielte Planungen für Kampfanzüge. Ein vergleichbares Thema war der Nachschub, der anfangs
    ebenfalls sträflich vernachlässigt wurde!

    Gruß
    Bert

  • Edited 4 times, last by Hoth (June 3, 2009 at 2:56 PM).

  • Hoth

    Ich darf doch widersprechen, was den Nachschub betrifft.

    In völliger Verkennung der Kapazitäten, die ein Nachschub bei Kriegen in
    Ländern wie Russland erfordert, setzte die Wehrmachtsführung auf Nachschub per LKW. Das war schon widersinnig, weil die Menge der vorhandenen LKWs völlig unzureichend war und man letztendlich den
    Nachschub teilweise per Pferdefuhrwerke erledigen musste. Irgendwann
    besann man sich dann ab 1942 auf die gute alte Eisenbahn und damit begann das größte Bauprogramm für Lokomitiven. Wahrscheinlich wäre der
    Krieg im Osten schon früher zu Ende gewesen, wenn man in der bisherigen
    Weise "weitergewurstelt" hätte.

    Gruß
    Bert

    NS: In Sachen Kampfanzug kann man in der Tat verschiedenen Ansichten vertreten. Ganze Armeen im "Dienstanzug" und ohne Winterbekleidung in
    den Krieg gegen die Sowjetunion zu schicken, war sträflicher Leichtsinn.
    Aber dieses System befasste sich lieber mit Blitzkriegen, die dann im
    weiteren Verlauf des Krieges nur noch Verteidigungskriege waren und
    zu "Führers Geburtstag" mit Fackelzug und Feuerwerk!
    Für Hitler war die Fürsorge für seine Soldaten bestenfalls zweitrangig!

    Edited 2 times, last by Jahrgang39 (June 3, 2009 at 2:26 PM).

  • Da möchte ich dann doch erneut widersprechen, denn natürlich setzte man nicht erst ab 1942 auf die Eisenbahn, sondern schon planmäßig seit Angriffsbeginn.

    Allerdings war zum einen das Eisenbahnnetz in der SU bekanntlich nicht so umfangreich ausgebaut wie im mitteleuropäischen Raum und zum anderen mußte ebenfalls bekanntlich erst mühsam und zeitaufwändig die russ. Spur auf dt. Breite umgenagelt werden, was den zu Angriffsbeginn den jeweiligen HGr. zugeteilten Eisenbahnbaubattl. nicht so schnell gelang, wie der dt. Vormarsch stattfand. Diese Differenz galt es zu überbrücken, was von vornherein klar war, wenn man mit weiträumigen und schnellen Operationen dieser Art plante und rechnete.

    Dieses Problem war also sehr wohl einkalkuliert, so daß von den jeweils nur sehr langsam entlang der wenigen Eisenbahnhauptstrecken vorgeschobenen Depots dann die Versorgung der Stoßkeile mit LKW-Transportkolonnen sozusagen pendelnd so lange erfolgen sollte, bis die jeweiligen Eisenbahnstrecken zum nächsten geplanten Versorgungsdepot vorangetrieben waren usw. Man wollte also den LKW-Transportkolonnen so schnell wie möglich per Bahn entgegenkommen, um so die Strecken per Fahrzeug zu verkürzen.

    Desweiteren hatte man auch mit mehr russ. Beutewaggons-und Lokomotiven in 1941 gerechnet, um so die zwar schon eingenommenen, aber noch nicht umgenagelten Strecken trotzdem nutzen zu können etc. Diese Annahme erwies sich als Irrtum. Es gibt da noch viele Aspekte und auch Irrtümer, wie das in Kriegen nun mal zumeist so ist, die bekanntlich vor allem aus einem bestehen, aus Unwägbarkeiten und Friktionen.

    Das diese Versorgungskombination, mit einer gehörigen Komponente per LKW, dann wiederum mit den nicht so hoch angesetzten Verbrauchszahlen an Versorgungsgütern aller Art kaum mithalten konnte und auch der Fahrzeugverschleiß größer als erwartet war usw., bedeutet nicht, daß deutscherseits nicht von vornherein die Versorgung mit der Doppelung Eisenbahn/LKW geplant war und man sich erst ab 1942 auf die Eisenbahn besann. Diese Aussage von Dir ist falsch.

    Anfang 1942 erst war vielmehr der Umbau so vorangetrieben und damit das Eisenbahnnetz vor allem an den Hauptstrecken so nutzbar, daß man nun schneller und auch weiter und näher zur Front damit versorgen und die entsprechenden Depots und Versorgungsstützpunkte einrichten konnte. Ein wesentlicher Unterschied zu Deiner Aussage. Man war sich insg. schon darüber klar, daß das Thema Versorgung in diesem Feldzug ein besonderes war und es hier zu Problemen und Friktionen kommen konnte, allein aufgrund einer Vielzahl von Unwägbarkeiten im Operationsverlauf, war aber optimistisch, dieses Risiko eingehen und die Probleme meistern zu können.

    Also, daß Problem Versorgung ist insg. wesentlich vielschichter, als nur immer und oft fälschlicherweise zu behaupten, dies und jenes wurde nicht beachtet, nicht gemacht, etc. Das man hier allein schon aufgrund fehlender Kapazitäten auf vielen Gebieten auch große Risiken einging bedarf keiner Frage, bedeutet aber wiederum nicht, daß man diese nicht bewußt in Kauf nahm oder mit Deinen Worten gar "völlig verkannte". Das ist mit Verlaub simple Generalstabsarbeit aufgrund deren Berechnungen dann ja auch das oben genannte Prozedere stattfinden sollte.

    Zum Thema Bekleidung sehe ich wie gesagt einiges ganz anders, möchte mich aber nicht wiederholen.

    Man kann zu dem Thema auch durchaus unterschiedlicher Meinung sein, aber man sollte nicht mit solchen Plattitüden agieren:

    Ganze Armeen im "Dienstanzug" und ohne Winterbekleidung in den Krieg gegen die Sowjetunion zu schicken, war sträflicher Leichtsinn.

    Das ist falsch, auch wenn Du das anscheinend wiederholt ignorierst, denn wie schon oben beschrieben gab es für jeden dt. Soldaten ausstattungsgemäß eine Winterbekleidung die aus den angeführten Bekleidungsteilen bestand, gab es keine "ganzen Armeen" im Dienstanzug und ohne Winterbekleidung, im Gegenteil hatte ein beträchtlicher Teil des Ostheeres ihre Winterbekleidung rechtzeitig angefordert und auch zumeist erhalten und haben weder "Hitler noch seine Paladine oder gar der gesamte NS-Staat" Schuld an der ab Herbst 1941 deutlich zutage getretenen Versorgungskrise. Wer soll das alles sein und wer hatte davon das Recht und die Möglichkeit der WH reinzureden und zu befehlen? Von den polit. Führern und Paladinen des NS-Staates niemand außer Hitler. Und wer konkret hat verhindert, daß die Winterbekleidung im vollen Umfang rechtzeitig kam? Wenn schon solche Aussagen, dann Roß und Reiter benennen. Und letztmalig dazu, die große Zahl der Erfrierungen und der damit einhergehenden Ausfälle im Winter 1941 entstanden nicht weil es keine Winterausrüstung/uniform in der WH gab, sondern weil diese nicht den extremen Bedingungen Rußlands genügte.

    Wenn es im übrigen nach der von Dir angesprochenen Person Hitler gegangen wäre, dann hätte es den Katastrophenwinter 1941/42 so gar nicht gegeben. Aber das ist schon wieder ein anderes Thema.

    Interessant zum Winterkampfanzug der WH noch vielleicht abschließend ein Link zu einem Auszug aus einer Biografie der Familie Neckermann, wo auf den ersten Seiten beschrieben wird, wie Neckermann den Winterkampfanzug entwickelte und wie dieser bei der Truppe gewertet wurde.

    http://books.google.de/books?id=Eqfcy…num=3#PPA135,M1

    Edited 12 times, last by Hoth (June 3, 2009 at 3:57 PM).

  • Hoth:

    Fakten zum Nachschub:

    Auch die Nachschubtruppen litten während des ganzen Krieges an der mangelnden Motorisierung. Wie im I. Weltkrieg musste der Nachschub z.T. auch mit Pferden bewältigt werden; dies galt vor allem für alle Divisionen ab der 3. Welle. Den schnellen Truppenteilen (Panzerdivisionen und Panzergrenadierdivisionen) konnte der Nachschub vielfach nicht zeitgerecht bereit gestellt werden.
    Des Öfteren mussten deshalb Angriffsoperationen abgebrochen werden, weil es an Munition, Treibstoff und allen anderen Versorgungsgütern fehlte. Letztendlich scheiterte die Wehrmacht auch deswegen im Osten, weil die Nachschuborganisation nicht mehr dem Stand der damaligen Wehrtechnik entsprach.
    Die Planer im Oberkommando der Wehrmacht gingen ursprünglich davon aus, dass die Eisenbahn bei diesem Krieg nicht mehr eine herausragende Rolle für den Nachschub spielen würde und überwiegend Lastwagentransporte nötig seien. Dieser Planungsfehler entfaltete vor allem in der Sowjetunion seine negativen Folgen.
    Erst die Nachschubprobleme an allen Fronten zwangen zu einer Änderung dieser Strategie: 1942 begann das größte Lokomotivbauprogramm der Eisenbahngeschichte. Man produzierte die sogenannten Kriegslokomotiven der Baureihe 42 und 52 – vereinfachte und technisch robuste Dampflokomotiven, die problemlos bis weit in die Nachkriegszeit z. B. in der damaligen DDR und der Sowjetunion weiter verwendet wurden. Von der Baureihe 42 wurden insgesamt rund 1.100
    und von der Baureihe 52 rund 6.200 Lokomotiven produziert.


    Fakten zur Bekleidung der Soldaten:

    Es war in der Tat sträflicher Leichtsinn, die Soldaten der Wehrmacht
    in der normalen Dienstuniform in den Feldzug gegen die Sowjetunion
    zu schicken. Winterbekleidung wurde vor Wintereinbruch mit Absicht nicht abgegeben, weil
    Hitler wohl befürchtete, dass dann seine Blitzkriegtheorie damit nicht mehr
    glaubwürdig wäre. Hitler ging ja davon aus, dass der Krieg gegen die
    Sowjetunion im September/Oktober 1941 siegreich beendet wird -
    und da irrte sich "der größte Feldherr aller Zeiten"!

    Nicht nur sträflicher Leichtsinn war das, sondern geradezu unmenschlich.
    Die Ausfälle der Wehrmacht 1941 vor Moskau aufgrund von Erfrierungen waren deshalb immens, weil viele Soldaten nicht einmal Wintermäntel
    hatten.

    Gruß
    Bert

    Edited 4 times, last by Jahrgang39 (June 3, 2009 at 5:54 PM).

  • Hallo,
    ich habe den Thread etwas bereinigt...sollte es wie zuletzt weitergehen, dann wird es diesen Thread nicht mehr geben.
    Erwachsene Leute, oder wie war das?
    Zwei Anmerkungen: Ich halte nichts davon einem anderen User seine in Uralt-Threads gemachten Fehler vorzuwerfen, wir lernen alle dazu, dafür unterhalten wir uns darüber.
    Desweiteren muss man nicht immer seine Beschlagenheit in Sachen Ironie, Sarkassmus oder sonstwas beweisen...ein freundliches Wort zur Korrektur hilft meistens mehr.

    Schönen Tag noch
    Thomas

  • So, wieder auf...wenn es denn mal locker flockig weiter geht!
    Liebe Grüße
    Thomas

  • Hallo Martin,

    Quote

    Original von falkmart
    1. ..... Er war froh als er endlich 44 die Feldmütze M 43 (ist kürzlich Thema gewesen) bekommen hat. Diese Feldmütze bot endlich etwas Wetterschutz. ......

    2. ...... Luck hat sich bei den von uns Deutschen immer so geschmäten Italienern Wüstenkleidung besorgt........

    3. .......Bis zum Ende in Afrika wurde nicht wirklich umgesteuert......

    zu 1,
    wirklich unverständlich,wo doch die Schirmmütze (Feldmütze) für die Truppen in Afrika bereits im Febr.1941 zur Ausstattung gehörte.

    zu 2,
    geschmäht ja,aber fast nur vom Offizier aufwärts.Für die meisten "Landser" in Nordafrika waren die Italiener wirklich tapfere Kameraden und Freunde,die auf Grund ihrer Ausstattung kaum eine Chance hatten.

    zu 3,
    es gab schon eine durchdachte Tropenausstattung, nur war diese nicht
    durchdacht genug.
    So bekam jeder Soldat für Nordafrika eine Leibbinde,die gegen Unterkühlung schützte.Ein Paar wollene Fingerhandschuhe gehörte ebenso dazu,wie die leinenbesetzten Schnürschuhe,welche von vielen gehaßt aber auch bei vielen beliebt waren.

    Obwohl man die klimatischen Verhältnisse kannte,verzichtete man,aus welchen Gründen auch immer,entsprechende Maßnahmen einzuführen.
    Z.B. die Mäntel,welche bei den Italienern und Briten,auf Grund der gemachten Wüstenerfahrung, zum Standart gehörten.

    Warum man jedoch auch olivgrüne Krawatten ausgab,kann ich nicht nachvollziehen.... ;)

    Gruß
    Jan

    suche alles über das Gebirgs-Jäger-Regiment 756

    Edited once, last by fezzo1 (June 4, 2009 at 3:15 PM).

  • Schade, daß dem "Anti-Ironie-Besen" auch Sachargumentation zum Opfer gefallen ist, insb. als Antwort auf den letzten hier stehengebliebenen Post von Jg 39.

    Insofern dem Thread noch weiter gutes Gelingen...und weg! ;)

    Edited 2 times, last by Hoth (June 4, 2009 at 4:34 PM).

  • Hallo…wenn man bedenkt, das ein afrikanischer Feldzug ja nicht geplant war, ist es erstaunlich, was der Truppe doch an relativ guter Kleidung zur Verfügung stand. Englische und italienische Truppen standen ja bereits lange in Afrika, so das hier die entsprechend erprobte Ausstattung zur Verfügung stand.
    Vom Schnitt her, waren die Felduniformen bequem zu tragen, soweit ich das an den Repro-Uniformen beurteilen kann. Der Tarneffekt beim so genannten Sumpf- und Splittertarn ist bedeutend besser als das des Bundeswehrmusters ( persönliche Erfahrungen beim Paintball-Spiel in Osteuropa).
    Nehmen wir mal den Gasmaskenbehälter, das Ding ist stabil, auch im schweren Gelände. Das gleiche Ding aus Stoff? Man kann sich viele Situationen ausmahlen, wie schnell die Maske beschädigt werden kann, was tödliche Folgen hätte im Ernstfall.
    Auch was die Winterausstattung betrifft, war sie für unsere klimatischen Bedingungen gut, wie Hoht ja schon anmerkte. Ein Winterfeldzug in Russland war nicht vorgesehen, warum also in den 30er Jahren ein Millionenheer dafür ausstatten.
    Ich halte die Feldausrüstung der Wehrmacht für sehr gut, sie verbindet deutsche militärische Tradition mit Zweckmäßigkeit und wirtschaftlicher Machbarkeit.
    Die heutigen ,,modernen’’ Ausrüstungen mussten sich ja zum Glück noch nicht bewähren.

    Danke an Hoht für seine lesenswerten Beiträge zum Eingangsthema.

    Bert…hab ein paar Fragen zu deinen Ausführungen. Besonders interessiert mich: Wann und von wem, wurde die Ausgabe von Winterbekleidung verboten mit dem von dir genannten Grund? Gehörte der Mantel nicht zur Standartausrüstung der Soldaten? ( Du sagtest, das viele Soldaten den Wintermantel nicht hatten )

    Grüße

  • Hallo Jan,
    mein Vater war an der Ostfront. Er bekam erst 44 die Feldmütze M 43.

    Ich habe in Erinnerung (Quelle kann ich nicht mehr angeben), dass angeblich Einheiten, scheinbar als Besatzungstruppen vorgesehen, ihre Winterausrüstung vor der letzten Offensive auf Moskau zurückließen da die Offiziere vom baldigen Sieg ausgingen und sich mit der Ausrüstung belasten wollten. Dies dürfte natürlich, sofern zutreffend, ein Einzelfall gewesen sein.

    Beim Thema Ausrüstung, insbesondere Winterausrüstung, wird mir persönlich, wie überhaupt immer zuviel auf Hitler geschoben. Hoth hat natürlich recht , dass die Ausrüstung für Mitteleuropa gut war.
    Fehler in der WH bei der Ausrüstung sieht z.B. Hoth scheinbar nicht. Ich habe hier extra das Thema Verbündte eingebracht. Für mich persönlich waren hier Gespräche in Finnland und Literatur "Krieg in Finnland" sehr aufschlußreich.
    Für mich persönlich steht fest, dass die WH-Führung die Möglichkeit auf die Erfahrungen ihrer Verbündten zurück zugreifen schlicht verpennt hat. Meiner Auslandserfahrung zeigt mir, dass wir Deutschen zwar in vielem gut sind aber auch zur Besserwisserei neigen.
    Also noch einmal, selbst bei einem Sieg vor Moskau 41 waren große Besatzungstruppen im Osten vorgesehen. Die WH-Führung hätte also auf Erfahrungen der Finnen im Wintereinsatz zurückgreifen müssen und können. In Finnland wird behauptet, dass die Deutschen auch noch im Winter 41/42 und später nicht einfach finnische Ausrüstung bzw. Einsatzgrundsätze übernommen hätten. Die WH hätte alles neu bzw. "deutsch" = besser machen wollen. Mit WH meine ich nicht die Soldaten sondern die WH-Bürokratie. In Finnland sind Militärexperten der Meinung, dass die Wehrmacht sehr viel besser in Russland von 42 bis 43 ausgesehen hätte wenn finnische Erfahrungen berücksichtigt worden wären. Das hat nun nicht damit zu tun, dass wirklich nicht genügend Transportraum zur Verfügung stand. Damit sind z.B. auch Erfahrungen gemeint Fahrzeuge und Flugzeuge wintertauglich zu machen. Auch da war man sich zu fein sich Rat beim kleinen Finnland zu holen. Über den Einsatz von Waffen und Gerät im Winter hat es scheinbar keine hberlegungen gegeben. Selbst beim Sieg 41 hätten große Mengen vor Ort bleiben müssen.
    Gruß Martin

    ML

    Edited once, last by falkmart (June 5, 2009 at 2:56 PM).